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SPD tritt mit Männerriege zur Wahl an

■ Dreizehn Genossen und nur sieben Genossinnen bewerben sich um ein Bundestagsmandat. Frauen kandidieren oft auf chancenlosen Plätzen. Nur die Landesliste sichert die Quotierung

Das Kandidatenrennen in der SPD um eine Nominierung für den Bundestag geht auf die Zielgerade. Vier Direktkandidaten für die Bundestagswahl 1998 stehen bereits fest: Im Wahlkreis Mitte/ Prenzlauer Berg wird Wolfgang Thierse kandidieren, in Neukölln tritt der ehemalige Berliner Fraktionschef Ditmar Staffelt an, und in Reinickendorf wurde der SPD- Parteivorsitzende Detlef Dzembritzki nominiert. Alle drei hatten keinen Gegenkandidaten.

In der PDS-Hochburg Marzahn/Hellersdorf wird die stellvertretende Kreisvorsitzende von Marzahn, Kerstin Raschke, ins Rennen gehen. Die 38jährige Diplomingenieurin für Maschinenbau setzte sich gegen die stellvertretende Kreisvorsitzende von Hellersdorf, Iris Spranger, durch. Beide gehören der Initiative 30 unter 40 an, die sich eine Verjüngung der SPD-Bundestagsfraktion zum Ziel gesetzt hat. Ob die politisch relativ Unerfahrene den Sprung in den Bundestag schafft, ist allerdings noch ungewiß.

Raschke müßte beim Nominierungsparteitag am 28. November einen der aussichtsreichen neun Plätze auf der Landesliste erkämpfen, doch das Gedränge ist groß. Neben Spitzenkandidat Wolfgang Thierse, dürften auch Staffelt und Dzembritzki auf den vorderen Plätzen landen.

Bei den Frauen gelten die Bundestagsabgeordneten Sigrun Klemmer und Ingrid Holzhüter als Anwärterinnen auf einen sicheren Listenplatz. In ihren Wahlkreisen sind beide ohne GegenkandidatInnen, ebenso wie die Bundestagsabgeordneten Wolfgang Behrendt, Jörg-Otto Spiller und Siegfried Scheffler. Unter den insgesamt 20 BewerberInnen sind nur ein Drittel Frauen.

Spannend wird die Entscheidung im Wahlkreis Friedrichshain/ Lichtenberg, wo Bezirksbürgermeister Helios Mendiburu gegen die Abgeordnete Gerlinde Schermer antritt. Das Rennen gilt als völlig offen. Schermer gehört dem Landesvorstand an und ist dem linken Flügel zuzurechnen. Mendiburu dagegen hat sich in seiner siebenjährigen Amtszeit von seinem Kurs der anfänglichen Unterstützung der Hausbesetzerszene verabschiedet.

Im Wahlkreis Zehlendorf/Steglitz werden Bildungsstadtrat Thomas Härtel gute Chancen eingeräumt, gegen die Bundestagsabgeordnete Renate Rennebach zu gewinnen. Rennebach, die sich als Scientology-Expertin einen Namen gemacht hat, müßte an sich nach zwei Legislaturperioden aus dem Bundestag ausscheiden. So sieht es ein Beschluß des Zehlendorfer Kreisverbandes vor, dem sie angehört. Noch dazu kann Härtel in seinem Kreisverband Steglitz mit breiter Unterstützung rechnen.

Im Wahlkreis Hohenschönhausen/Pankow/Weißensee treten drei KandidatInen an: Hans Missewitz, der Leiter der Zentrale für politische Bildung in Potsdam, ist parteintern recht bekannt. In der DDR war er in der kirchlichen Opposition engagiert. Er tritt gegen die weithin unbekannte Ulrike Liedtke an, die bei der Stiftung Schloß Rheinsberg tätig ist. Der dritte Bewerber ist der frühere baupolitische Sprecher der SPD im Abgeordnetenhaus, Ralf Hillenberg.

Im Wahlkreis Schöneberg/ Kreuzberg drängen sich gleich vier KandidatInnen, die alle dem linken Parteiflügel zuzurechnen sind. Nachdem der parteilose Ärztekammerpräsident Ellis Huber nun doch nicht kandidiert, werden Eckhardt Barthel, Andreas Wehr und Juso-Chef Matthias Linnekugel das Rennen unter sich ausmachen. Mechthild Rawert gilt als chancenlos.

Mit Spannung wird erwartet, wen die PDS gegen Thierse aufstellt. Noch suchen die Demokratischen Sozialisten fieberhaft nach einer zugkräftigen KandidatIn. Die SPD hat sonst durchaus Chancen, der PDS in diesem Wahlkreis das Direktmandat abzunehmen. Dorothee Winden

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