Wowereits Jahresplan: Beim Wichtigen wenig zu melden
Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) will heute bei einer Pressekonferenz erzählen, was der rot-rote Senat 2005 auf die Reihe kriegen soll. Eine Art Regierungserklärung abgeben also. Aber auch nur so eine Art. Denn erklären können wird Wowereit viel – seine Regierung aber hat bei den zentralen Entscheidungen dieses Jahres wenig zu melden.
KOMMENTARVON STEFAN ALBERTI
Denn nicht im Roten Rathaus, sondern in einem 60er-Jahre-Flachdachbau in Karlsruhe entscheidet sich, ob das Land von seinen Schulden von bald 60 Milliarden Euro herunterkommt. Dort, beim Bundesverfassungsgericht, geht der Daumen rauf oder runter zur Berliner Klage auf Milliardenhilfen vom Bund. Ein Plan B für den Fall des Scheiterns ist nicht bekannt.
Genauso wenig haben es Wowereit und die rot-rote Koalition letztlich in der Hand, ob der Großflughafen Schönefeld Wirklichkeit wird. Der als zentrales Wirtschaftsprojekt der Region betrachtete Ausbau hängt ebenfalls von einem Urteil ab, in diesem Fall in Leipzig. Dort muss das Bundesverwaltungsgericht im größten Verfahren seiner Geschichte Klagen von über 3.600 Flughafengegnern entscheiden.
Wowereit und sein Senat können bloß dazu beitragen, dass Berlin Erfolg hat. Sie können beispielsweise die Karlsruher Richter durch einen weiteren Sparkurs davon überzeugen, dass das Land mit Milliardenhilfen verantwortungsvoll umgehen würde. Sie können im Fall Schönefeld juristisch geschickter vorgehen als bei der vorerst geplatzten Schließung von Tempelhof.
Dass er im Kern nichts zu melden hat, kann ein Regierungschef freilich nicht so offen einräumen. Natürlich müsste Wowereit heute auch sagen, wie wichtig Anstrengungen in der Bildungspolitik sind. Daran kommt er nach Pisa II kaum vorbei. Dazu könnte er auf das neue Schulgesetz verweisen und sagen, dass Reformen nicht immer teuer sein müssen. Natürlich müsste er erwähnen, dass dem Senat an einem besseren Miteinander der Religionen und Bevölkerungsgruppen liegt.
All das ist wichtig und vom Senat zu beeinflussen. Im Vergleich mit den Entscheidungen zu Schuldenhilfe und Flughafen aber ist es bloßes Beiwerk.
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