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Die Autoindustrie könnte, will aber nicht. Greenpeace möchte, schafft's aber nur mit Schwierigkeiten: Das Dreiliterauto kommt noch lange nicht auf den deutschen Markt, obwohl im schweizerischen Luzern gestern ein Prototyp vorgestellt wurde

Die Autoindustrie könnte, will aber nicht. Greenpeace möchte, schafft's aber nur mit Schwierigkeiten: Das Dreiliterauto kommt noch lange nicht auf den deutschen Markt, obwohl im schweizerischen Luzern gestern ein Prototyp vorgestellt wurde

Sparsam, klein und ohne jede Chance

Es ist gelb und sieht aus wie Batmans Zweitwagen: eine spitze Schnauze mit schwarzen Scheinwerfergläsern wie Dämonenaugen. „SmILE“ heißt das Fahrzeug, das Greenpeace gestern vorgestellt hat: small, intelligent, light and efficient. Der Wagen auf der Basis eines Renault Twingo wiegt 195 Kilo weniger als das Serienmodell, der Luftwiderstand wurde durch eine bessere Aerodynamik um dreißig Prozent gesenkt, der Rollwiderstand mit neuen Reifen gemindert. Motorstärke, Geschwindigkeit und die Sicherheit bei einem Crash entsprechen ziemlich genau dem normalen Twingo, der bei Renault vom Band rollt. Die Mehrkosten sind gering: Ein unveränderter Twingo kostet zwischen 16.000 und 17.000 Mark in Deutschland, der SmILE käme etwa 2.000 Mark teurer. Ein krasser Gegensatz zu den superteuren Dreiliterstudien, die die Autoindustrie bisher präsentiert hat.

Das Ziel von Greenpeace ist erklärtermaßen nicht die Entwicklung eines wenig gekauften Nischenfahrzeugs wie dem Smartcar von Mercedes, sondern eine generelle Halbierung des Spritverbrauchs der Autoflotte. „Greenpeace wird kein Autohersteller“, sagt Wolfgang Lohbeck, Chef der Klimakampagne und für den SmILE zuständig. „Aber wir müssen uns mit den Autos beschäftigen. Schließlich stoßen Kraftfahrzeuge weltweit 20 Prozent des von Menschen erzeugten Kohlendioxids aus, Tendenz steigend.“ Noch immer verbrauchten Autos im Schnitt etwa 9 Liter Sprit auf 100 Kilometer.

Mit dem SmILE versucht Greenpeace ein Kunststück zu wiederholen, das schon beim FCKW-freien Kühlschrank geklappt hat: mit einer kleinen, unbekannten Firma ein Konzept verwirklichen, das die Großen der Branche nicht wollen. „Wir haben insgesamt 2,5 Millionen Mark für das Projekt bezahlt“, so Wolfgang Lohbeck – das sei nur ein Tausendstel dessen, was die Autoindustrie in Deutschland in einem Jahr für Werbung ausgebe.

Das Ergebnis kurvte gestern durch die Straßen von Zürich und Luzern. Bei einer Testfahrt mit TÜV-Gutachtern fuhr der SmILE in einer Kolonne mit einem Serien- Twingo, einem Ford Escort und einem VW Polo. Wie bei einem Prototyp zu erwarten, gab es eine Panne: Eine häufig zu Meßzwecken ab- und angestöpselte Benzinleitung gab während des Verbrauchstests ihren Geist auf. Das Benzin lief unbemerkt auf die Straße, und die Karre blieb mitten auf der Autobahn liegen. Nach einiger Aufregung wurde der Test dann wiederholt. Ergebnis: Der SmILE schluckte 3,2 Liter auf 100 Kilometer, der Twingo 5,6. Escort und Polo soffen 6,3 sowie 5,8 Liter.

Ein guter Teil des geringeren Verbrauchs geht auf das Konto der Motortechnik. Die Wenko-AG aus dem schweizerischen Burgdorf – bekannt als Konstrukteurin von Rennmotoren für Motorräder – sowie zwei andere Ingenieursfirmen lieferten einen Zwei-Zylinder-Boxermotor. Er liefert 55 PS bei einem Hubraum von nur 358 ccm – im Prinzip ein Nachfolger des altbekannten VW-Käfer- Aggregats. Der kompakte und leichte Boxer ist jedoch auf geringen Spritverbrauch optimiert.

Greenpeace will nun mit einer Marketingkampagne Druck auf die Autoindustrie machen. Die diversen Konzerne sollen möglichst schnell eigene Modelle mit solch niedrigem Verbrauch verkaufen. Bis dahin ist aber noch ein weiter Weg, das wußte gestern auch Thilo Bode, Geschäftsführer von Greenpeace International: „Alleine schaffen wir das nicht. Die Politik muß mitmachen.“

Greenpeace fordert, daß bis zum Jahr 2005 der durchschnittliche Verbrauch aller Neuwagen gesetzlich auf höchstens drei Liter festgeschrieben wird. Gleichzeitig müßten die Benzinpreise mindestens um hundert Prozent steigen – sonst wird, wie eine Studie des Umweltbundesamtes zeigt, die Geldersparnis beim Verbrauch in mehr Kilometer pro Kopf umgewandelt. „Wir sehen Anzeichen für massives Interesse bei der Industrie für unser Konzept“, hofft Kampagnenchef Lohbeck. Daß die guten Ideen nicht in den berüchtigten Panzerschränken der Autokonzerne vergammeln, meint Lohbeck, „dafür müssen bei Lizenzverhandlungen die Anwälte sorgen“. Reiner Metzger, Luzern

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