■ Press-Schlag: Deutsche Justiz spielt mit Steffi Graf
In den USA holte die weltbeste Tennisspielerin diese Woche zum Schmetterschlag gegen die deutsche Justiz aus, die mal wieder eine Minderheit benachteiligt: die Multimillionäre. Diese armen Reichen haben keine Lobby, nur Neider. Und diese Neider in Roben sind jetzt auf den Centre Court gewechselt. „Die deutsche Justiz spielt mit mir“, klagt Steffi Graf in der New York Times.
Wir erinnern uns: Das erste Aufschlagspiel ging klar an Miss Graf. Dem exakt auf die Linie plazierten Vorwurf, man statuiere an ihrem Vater ein Exempel, konnte der Staatsanwalt nur einen kläglichen Return ins Netz entgegensetzen: „Wir orientieren uns an Recht und Gesetz.“ Im weiteren Verlauf des Matches über drei Instanzen gewann die Justiz jedoch an Boden. Mit dem ersten Satz des Paragraphen 38 StGB („Die Freiheitsstrafe“) hieß es „Einstand“, der Steuervorteil war dahin. Zwar konnte Steffi die Richter noch mal überloppen, indem sie auf eklatante Mißstände in der Rechtsprechung hinwies: „In der Zwischenzeit werden Kids vergewaltigt, und Mörder sind nach eineinhalb Jahren wieder frei.“ Doch auch diese Vorhand hatte sie allzu sehr überrissen, so daß der erste Tagessatz an die Staatsanwaltschaft ging.
Diese wurde im weiteren Verlauf immer souveräner. Untersuchungshaft für Vaddergraf: Break. Ablehnung der Haftverschonung: Satzball. Anklage wegen Steuerhinterziehung: Satzgewinn. Mit einem sehenswerten Javolley wurde schließlich sogar die Haftbeschwerde abgewehrt, ein schöner StPO- Ball des Staatsanwalts, den der Oberschiedsrichter des Landgerichts „gut“ gab. Mit der Ausstellung eines Passierschlags zum Besuch in der U-Haft erwies sich die Justiz sogar als fairer Gegner. Gestern mußte dann allerdings wegen Dunkelhaft unterbrochen werden, nachdem der Matchball der Justiz sensationell ausgegeben und der Haftbefehl ausgesetzt worden war.
Unser Tip: Die spannende Partie geht in den Tiebreak. Wir werden am Ball haften – äh: bleiben. Joachim Frisch
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen