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Heftiger Krach im Prozeß gegen Monika Haas

■ Die Bundesanwaltschaft präsentiert einen Überraschungszeugen. Doch der sitzt im Libanon und ist möglicherweise gar nicht der, als den die Anwälte ihn vorstellen

Frankfurt/Main (taz) – Der Sicherheitssaal im Frankfurter Oberlandesgericht geriet gestern zum Tollhaus. Bundesanwalt Homann hielt der Angeklagten Monika Haas ein Blatt vor und fragte immer wieder in Schimanski-Manier: „Kennen Sie diesen Mann?“ Auf der schwarzflächigen Kopie eines Fotos allerdings war wenig zu erkennen. Haas, angeklagt, im Herbst 1977 die Waffen für die Entführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ von Algier nach Mallorca geschmuggelt zu haben, reagierte irritiert: „Auf Ihren komischen Kopien erkenne ich nicht mal mich.“

Homann erklärte, das Bild zeige Haas' damaligen Komplizen, Kamal Savati. Der sitze inzwischen, verurteit zu zehn Jahren Haft wegen Rauschgiftkriminalität, im Libanon und sei dort im September vom Bundeskriminalamt vernommen worden. Haas nach kurzem Blick in die neuen Unterlagen empört: „Jetzt schleppen die auch noch so einen Dealer an.“

Der Zeuge könnte sich als Flop entpuppen. Der Verteidiger von Monika Haas, Armin Golzem, erklärte gestern auf Anfrage: „Die Identität dieser Person ist nicht nachgewiesen.“

Dem Überraschungszeugen waren Anträge der Verteidigung vorausgegangen, die sich auf das Urteil gegen die Palästinenserin Suhaila Andrawes bezogen. Die einzige überlebende Flugzeugentführerin war Anfang dieser Woche in Hamburg zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Ihr war strafmildernd angerechnet worden, daß sie als Kronzeugin gegen Haas ausgesagt hatte.

Andrawes habe, so Prozeßbeobachter, während der Urteilsbegründung in norwegischer Sprache gerufen: „Monika Haas hat die Waffen nicht nach Mallorca gebracht.“ Andrawes hatte ihre Aussage gegen Haas schon einmal zurückgezogen, als sie in Frankfurt als Zeugin geladen war. Rechtsanwalt Golzem beantragte gestern, Andrawes noch einmal in den Zeugenstand nach Frankfurt zu holen und auch die beiden Gerichtsdolmetscherinnen zu laden.

Zuvor hatte das Gericht die Hamburgerin Stefanie K. gehört. Sie war eine der Zuträgerinnen der Stasi. Den Verdacht, daß Haas außer Waffenlieferantin auch Agentin eines westlichen Geheimdienstes sein könne, hatte sie 1981 von ihrem Verbindungsmann aus dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS 9) erfahren: „Ich habe das für Quatsch gehalten.“ Sie habe versucht, dem Mann, der sich bei der Verdächtigung auf eine alte Bild- Meldung stützte, das auszureden und es abgelehnt, sich zum Zweck der Bespitzelung näher mit Haas anzufreunden. Sie hatte aus politischer Überzeugung von sich aus den Kontakt zur DDR gesucht und festgestellt, daß die von ihr sonst nur Belangloses wollten: „Die waren nur an Haas interessiert.“ Heide Platen

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