: Autoparkplätze statt Einkaufswagen
■ Dem Investorenprojekt auf der alten Bötzowbrauerei soll plötzlich die Hälfte der historischen Bausubstanz weichen
Es war ein Vorhaben der ganz besonderen Art: Drei Stadtvillen entlang der Prenzlauer Allee, zwischen denen die „Hangkante des Barnim“ sichtbar bleibt, ein Büro- und Geschäftshaus an der Saarbrücker Straße und als Schmankerl eine unterirdische Einkaufspassage, die gewissermaßen im Inneren des Prenzlauer Bergs den Zugang zu den historischen Kellern der Bötzowbrauerei ermöglichen sollte. Doch das ist nun Vergangenheit. Aus dem Modellvorhaben einer denkmalgerechten Entwicklung eines Brauereigeländes, das der Architekt Gernot Nalbach 1993 im Auftrag des schwäbischen Investors OMG vorstellte, ist mittlerweile ein Fall für den Denkmalschutz geworden.
Seit August liegt der Baubehörde des Bezirks ein Bauantrag vor, der nicht mehr den Erhalt, sondern den Abriß etwa der Hälfte der historischen Substanz vorsieht. Eine „Frechheit“ nennt das Matthias Klipp, Ex-Baustadtrat und für das Bündnis Prenzlauer Berg ständiger Vertreter im Bauausschuß. Gerade weil die OMG die Sanierung der historischen Bausubstanz vorgesehen habe, sei der Bezirk dem Investor in vielen Dingen entgegengekommen, sagt Klipp. „Doch nun hat sich die Planungsidee in ihr Gegenteil verkehrt.“
Unterirdische Gewölbe, so meint man mittlerweile beim Investor, seien aus der Sicht des Handels nicht nutzbar. Deshalb will die OMG nun das unterirdische Gelände unter den Brauereien für die geplanten 700 Parkplätze nutzen. Doch dies erfordert nicht nur den Abbruch der Brauereikeller. Da eine unterirdische Ausschachtung zu teuer käme, soll der oberirdische Bestand gleich mit abgerissen werden. Des Investors „Ausgleichsangebot“: Man könne ja alle Steine numerieren und sie hinterher wieder zusammensetzen.
Mittlerweile macht die OMG Druck. Bis zum 10. Dezember soll die Baugenehmigung vorliegen, wurde das Bezirksamt aufgefordert. Hintergrund des Drängelns ist die Finanzierung des Einzelhandels- und Gewerbeparks. Der vorgesehene Immobilienfonds, so wurde dem Bezirk mitgeteilt, kann in diesem Jahr nur aufgelegt werden, wenn bis dahin die Baugenehmigung vorliege. Die OMG selbst, für die die Firma Kriegbaum das Projekt als Generalmieter übernehmen will, wollte gestern zu den geänderten Planungen keine Stellung nehmen.
Mittlerweile hat die Wendung vom „Sanierungs- zum Abrißfall“ (Klipp) auch die BVV beschäftigt. Nachdem ein Antrag des Bündnisses Prenzlauer Berg, den Bauantrag abzulehnen, mit den Stimmen der CDU und PDS zunächst dahingehend entschärft wurde, daß das Bezirksamt einerseits die Bemühungen des Investors unterstützen, andererseits die Belange des Denkmalschutzes berücksichtigen möge, hat sich nun auch die PDS- Fraktion dazu entschlossen, dem Erhalt der Keller Vorrang gegenüber einer Investition um jeden Preis einzuräumen. Für den Erhalt setzt sich auch der PDS-Landtagsabgeordnete Bernd Holtfreter ein: „Das sind die am besten erhaltenen Brauereikeller des Prenzlauer Berges.“ Uwe Rada
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