■ Cash & Crash: Bangemachen gilt nicht
Berlin (taz) – Nicht einmal 1,50 Mark trennt den Kurs der Telekom-Aktie von ihrem Ausgabekurs am 17. November: Gestern wurde der Frankfurter Schlußkurs der T-Aktie mit 29,93 Mark notiert. Das sind noch einmal 0,52 Mark weniger als am Montag, nachdem bereits zum Parkettschluß am Freitag die T-Aktie mit nur 30,52 Mark ins Wochenende ging.
Dabei hatte sich die Deutsche Telekom AG noch am Donnerstag in einer Zeitungsanzeige selbst gelobt: Das Geschäftsjahr 1996 sei „mit großem Erfolg abgeschlossen“ worden. Außer Floskeln bot das Unternehmen seinen Anlegern jedoch keine konkreten Zahlen über Umsatz, Investitionen oder Schuldenabbau. Die harten Fakten will die Telekom erst am 13. Mai bekanntgeben. Allenfalls „Trendaussagen“ wolle die Telekom schon zur Computermesse Cebit im März machen, wie ein Sprecher gestern sagte. „Unklug“ und „zu spät“ findet das ein Sprecher der Commerzbank. Üblicherweise geben Aktiengesellschaften im ersten Quartal, spätestens im April ihre Bilanz über das abgelaufene Geschäftsjahr bekannt.
In den Abwärtssog war die T-Aktie Ende der vergangenen Woche gekommen, nachdem die japanische Telekom NTT angekündigt hatte, ab Januar 1998 in Deutschland aktiv zu werden. Außerdem waren ab Freitag die deutschen Banken von der Schweigepflicht entbunden, über die Neuemission zu spekulieren. Doch bei der Deutschen Bank, der Commerzbank oder der Bayerischen Vereinsbank änderten die Analysten ihre Meinung zu den Chancen und Risiken der T-Aktie nicht. Auch ihnen lägen keine neuen Daten des Unternehmens vor, daher blieben sie bei ihrer Einschätzung. Und die laute eben „lohnend“. Bis zu einem Kurs von 35 Mark sei die T-Aktie lukrativ, zumal die Telekom bei ihren Dividendenversprechen von 0,60 Mark für 1996 bleibt.
Bankenberichte können also nicht der Grund für den Kursrutsch der T-Aktie sein. Ernsthafte Nahrung für ein sinnvolles Abstoßen der Aktie verbreitete gestern allein die Zeitschrift Capital. Demnach will EU-Wettbewerbskommissar Karel van Miert von der Telekom verlangen, daß sie ihr Breitbandkabelnetz mit 16 Millionen Kunden teilweise oder vollständig verkauft. Angeblich stehen drei Varianten in Brüssel zur Diskussion: der Komplettverkauf, eine Beteiligungsgesellschaft, an der die Telekom 25 Prozent hält, oder die Aufteilung in Regionalgesellschaften. Das Netz ist eins der Highlights im Telekom-Unternehmen, auf das die Analysten ihre positiven Bewertungen stützen. ufo
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