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Der Hanfengel läßt auf sich warten

Die Kriterien für das geplante Cannabis-Qualitätssiegel sind bislang noch nicht klar definiert .■ Von Kim Kindermann

Don't smoke it – wear it! Frech, modern, ökologisch – so das Marketingimage der Hanfbranche. Ökotextilien liegen im Trend, und deshalb ist Hanf „hip“ wie nie zuvor: Der geschätzte Umsatz in Deutschland liegt bei rund 30 Millionen Mark. Die Palette geht weit über die berühmte Hanfjeans hinaus: Von Kosmetika bis Lebensmittel wird mit dem Cannabisblatt geworben.

Achtzehn HanfHäuser gibt es in Deutschland, zwei davon in Berlin. Hier findet man alles, was der Markt zu bieten hat, und obwohl die Produkte nicht billig sind – eine Jeans kostet 159 Mark – werden sie gekauft.

Mancher Käufer mag annehmen, daß der hohe Preis Garantie genug ist für die Umweltfreundlichkeit des Produktes. Aber das ist trotz Öko-Image nicht immer der Fall. Erst wenn Hanf aus regionalem Anbau kommt, wird das Produkt ökologisch sinnvoll. In der Regel kommen die Fasern aus Übersee oder aus den osteuropäischen Nachbarländern. Zudem sind die angebotenen Hanfprodukte nicht immer aus 100 Prozent reinem Gewebe. Beides läßt sich nicht ohne weiteres beim Anschauen der Ware erkennen.

Diesem Mißstand will die HanfGesellschaft jetzt einen Riegel vorschieben: das Hanf-Qualitätssiegel muß her! Wie das Wollsiegel für den dicken Winterpullover soll es dem Käufer garantieren, daß er auch wirklich Hanf auf der Haut trägt.

„Wir wollen Schutz für den Konsumenten“, wie Mathias Bröckers vom Berliner HanfHaus es beschreibt. Daß es auch um Schutz des Produzenten geht, ist mehr als klar; im Mittelpunkt stehen handfeste wirtschaftliche Interessen.

Der Hanfboom hat auch seine Schattenseiten. So kämpft die Branche seit längerem gegen Billiganbieter aus Fernost, die das Hanfimage mißbrauchen, um mit qualitativ minderwertigen Produkten schnell Profit zu machen.

Das Hanfsiegel soll deshalb in erster Linie für die Reinheit des Gewebes stehen. Doch das allein genügt den Berliner Hanfpionieren nicht. Der stellvertretende Geschäftsführer der HanfGesellschaft, Matthias Schillo, will mehr erreichen: Hanf soll zum Symbol für den Umbau der Wirtschaft in eine ökologische, regionale Kreislaufwirtschaft werden.

„Unser Ziel ist es“, beschreibt Mathias Bröckers die Zukunft, „eine Jeans herzustellen, die vom Ursprung der Faser bis zum Verkauf höchstens 100 Kilometer zurücklegt.“ In drei Stufen soll das Hanflabel die Echtheit des Materials, die Herstellung nach ökologischen Kriterien und den regionalen Anbau garantieren. Schon heute obliegen die Produkte des HanfHauses internen Kriterien, aber alle Anbieter unter einen Hut zu bringen ist nach wie vor problematisch.

Zur Zeit werden zwei Etiketten („100 Prozent Hanf“ und „HanfMade in Germany“) für die HanfHaus-Produkte verwendet. Beide Label sagen zwar viel über die Intentionen der Betreiber aus, aber für den Verbraucher bedeuten sie keine gesetzlich geschützte Garantie. „Es nützt nichts“, beanstandet selbst Mathias Bröckers, „wenn wir auf jede Hanfklamotte ein Etikett kleben, das nichts besagt.“

Die HanfGesellschaft steht allerdings mit ihrem Vorhaben ganz am Anfang. Wie immer fehlt das Geld, um ein solches Siegel auf den Weg zu bringen, denn dazu bedarf es einer umfassenden Aufklärungs- und Lobbyarbeit. Selbst innerhalb der Branche ist es nicht leicht, das Hanfsiegel durchzusetzen. Man kann sich auf keine endgültige Formulierung der Qualitätsansprüche einigen. Was soll mit den Landwirten passieren, die Hanf nicht ökologisch anbauen? Oder welche Farbstoffe werden akzeptiert? Wie weit darf Hanf transportiert werden?

„Die beteiligten Unternehmen müssen verstehen lernen, was bereits alle anderen Textilhersteller begriffen haben“, erläutert Matthias Schillo, „ein Ökolabel ist das Marketinginstrument der Zukunft.“ Natürlich geht es bei dem Hanfsiegel auch noch um mehr. Erst mit einem einheitlichen Logo, das nach außen als Qualitätsgarantie fungiert, hat die Hanfbranche die Chance, sich auch langfristig ein breites Marktpotential zu sichern.

Letztendlich stellt sich die Frage, ob man das Hanfqualitätssiegel wirklich braucht? Denn schon heute wird der Verbraucher mit einer Vielzahl von Umweltzeichen überhäuft, ohne genau zu wissen, wofür sie stehen. Im Gegensatz zum „Blauen Engel“ entscheiden bei den meisten Ökosiegeln die Hersteller selbst über die Kriterien. Das erscheint zunächst logisch, liegt doch das Know-how bei den Produzenten, aber nur, wenn das erstellte Ökolabel einer Kontrolle durch unabhängige Gremien unterzogen wird, kann es glaubhaft vor der öffentlichkeit bestehen.

„Es ist schon gut, wenn sich die die HanfGesellschaft eine Nische freischaufelt, aber längerfristig muß der Schilderwald gelichtet werden“, fordert Eva Schmincke, Leiterin des „Büros für ökologische Studien“ in Tübingen. Dort strebt man den Zusammenschluß mit Umweltverbänden und anderen Ökosiegeln an. Der Plan: Es soll ein Schema entwickelt werden, das die Regeln festlegt, die solche Kennzeichnungskriterien umfassen werden.

„Auch wir wollen am Ende einen Zusammenschluß mit anderen Ökolabeln“, erklärt Matthias Schillo. Aber zunächst einmal wird in kleinen Schritten vorangegangen, denn schon die Probleme, das Hanfqualitätssiegel innerhalb der Branche auf den Weg zu bringen, zeigen, wie schwer es ist, viele Interessen zu vereinen. Ökosiegel hin, Ökosiegel her, auch in diesem Fall geht es nicht zuletzt um die Sicherung wirtschaftlicher Interessen.

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