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Rechte Sorgen um Rechtsextremismus

■ Bezirksversammlungen: Proteste in Wandsbek, Gemächliches in Nord und Eimsbüttel

Die DVU ist nicht extremistisch? „Nö.“Fast entrüstet schüttelt Heinrich Gerlach, Hamburger Landeschef der rechtsextremen Partei, den Kopf. Nicht die DVU, die anderen Parteien seien extremistisch, ist Gerlach überzeugt. Und so meldete er zur gestrigen konstituierenden Sitzung der Bezirksversammlung Wandsbek eine Aktuelle Stunde an: „Verfassungsfeindliche und extremistische Tendenzen im Bezirk Wandsbek“. Abgehalten wurde diese nicht.

Erstmals ist die DVU in Wandsbek vertreten. Gestern beantragte sie die Abänderung eines Gremiums in den Namen: „Ausschuß für Soziales, Frauen, Kinder, Senioren, benachteiligte Deutsche und Ausländer“. Als Gerlach ans Rednerpult trat, pfiffen die ZuschauerInnen und riefen: „Mörder und Faschist!“Sie entrollten ein Transparent mit der Parole der Überlebenden des Konzentrationslagers Buchenwald. Schon vor Beginn der Bezirksversammlung hatten rund 30 AntifaschistInnen gegen die DVU protestiert.

Im Bezirk Nord wollten die Grünen gestern mit einem Antrag zum Nachtflugverbot am Flughafen Fuhlsbüttel gleich bei der ersten Sitzung in die inhaltliche Debatte mit den Fraktionen von SPD und CDU einsteigen: Die Fluglärm-geplagten GALier, die mit ihrem Versprechen, alles gegen den geplanten Airport-Ausbau zu tun, bei der Wahl am 21. September in Nord mit 21,4 Prozent eines der besten Bezirksergebnisse erzielten, drängen auf eine strengere Nachtflug-Regelung: Derzeit dürfen Flugzeuge zwischen 23 und 6 Uhr morgens weder starten noch landen. Die GAL-Nord will dieses Verbot bereits ab 22 Uhr; am Wochenende und an Feiertagen soll Fuhlsbüttel frühestens um 8 Uhr morgens von Düsengeknatter aus dem Schlaf gerissen werden. Bis Redaktionsschluß war unklar, ob die bislang mit der GAL locker kooperierende SPD und/oder die CDU dem grünen Antrag zustimmen und ihn als Aufforderung an Senat und Wirtschaftsbehörde weiterleiten würden.

In Hamburgs kleinstem Bezirk Eimsbüttel verbrachten die Abgeordneten von SPD, GAL und CDU gestern derweil ihre erste Sitzung dieser Legislaturperiode mit Wahlen zum Vorsitz, Benennung von Ausschußmitgliedern, Bestellung von Beisitzern und sonstigen quälenden Forma- bzw. Personalien. Die mit Spannung erwartete Debatte über den Antrag der CDU, die glaubt, dringend einen eigenen „Ausschuß für Sicherheit im Bezirk“einrichten zu müssen, wurde auf die November-Sitzung vertagt. „Es hat auch in Eimsbüttel viele DVU-Wähler gegeben, wir haben den Schanzenpark mit seiner Drogenproblematik“, begründete der neue CDU-Fraktionschef Marc Fochler im Vorfeld, weswegen ein Sicherheitsausschuß alles andere als ein Lacher sei.

Ansonsten soll in Eimsbüttel wie bisher wohl auch in den kommenden vier Jahren mit wechselnden Mehrheiten (SPD: 16, CDU: 14, GAL: 11 Sitze) regiert werden. Die Grünen, die den im vergangenen Jahr vom Senat vorläufig eingesetzten Bezirksamtsleiter Jürgen Mantell (SPD) nicht mitwählen wollen, halten von einer Koalition mit den Sozis wenig. Und die CDU hat – auch angesichts der rotgrünen Entwicklung auf Landesebene – „noch keine Überlegungen zu einer großen Koalition“angestellt.

Heike Haarhoff / Elke Spanner

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