piwik no script img

Ahnungslos giftigen Müll verschoben

■ Tatverdächtiger im Frankfurter Umweltstrafverfahren markiert den Unschuldigen. Beweise sprechen jedoch gegen alle Beteiligten

Frankfurt/Main (taz) – Vor dem Landgericht Frankfurt ging gestern der Prozeß gegen vier Betreiber diverser Entsorgungsfirmen in die zweite Woche. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, von 1989 bis 1995 im großen Stil Zigtausende Tonnen von hochbelastetem Bauschutt und Erdaushub illegal entsorgt zu haben.

So soll etwa mit Schwermetallen und Öl verseuchtes Material der Schadstoffklasse III auf dem Papier zu Material der harmloseren Schadstoffklasse II geworden sein. Die miteinander verschachtelten Entsorgungsfirmen der Angeklagten, so die Staatsanwaltschaft, hätten ganze Schiffsladungen von Bauschutt und Erdaushub auf einer imaginären Deponie verschwinden lassen. Tatsächlich lagerte das verseuchte Material auf einem Schrottplatz im Hafen von Osnabrück.

Verdient haben die Angeklagten dabei prächtig. Und das tägliche Betrugsgeschäft war ihnen ganz offenbar so in Fleisch und Blut übergegangen, daß sie sich am Ende auch selbst wechselseitig übervorteilten. Es ging schließlich um sehr viel Geld. Rund 15 Millionen Mark sollen Günther Frauenkron, Jürgen Gödeker, Achim Vorbeck und Peter Kolb Tiefbaufirmen im Rhein-Main-Gebiet mit fingierten Rechnungen für eine ordnungsgemäße Entsorgung aus den Taschen gezogen haben.

Gestern vor Gericht spielte der ehemalige Kfz-Meister und spätere Mitinhaber einer Entsorgungsfirma, Peter Kolb, den Dummen. Er habe seinem Kompagnon immer geglaubt, wenn der gesagt habe, daß das Material ordnungsgemäß entsorgt werde. Erst als 1992 die Polizei öfter auf dem Gelände auftauchte, von dem aus der nur teilweise vorbehandelte Bauschutt verschifft wurde, sei er mißtrauisch geworden. Da wurde das Telefon von Kolb schon abgehört.

Auf Nachfrage des Vorsitzenden mußte er denn auch einräumen, durchaus gewußt zu haben, daß er über keine Genehmigung zum Betrieb seiner Recyclinganlage verfügte. Seinen Kunden hatte er dagegen gesagt, daß ihm „der Minister persönlich“ eine solche Genehmigung in Aussicht gestellt habe. Der Prozeß wird am kommenden Montag fortgesetzt. Klaus-Peter Klingelschmitt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen