: Fleischerfrust statt Fleischeslust
■ Bei sieben Metzgern in Prenzlauer Berg gingen im Sommer Scheiben zu Bruch. Am Wochenende brannte der Wagen eines Metzgers aus. Auf Aufklebern werden Fleischer als "Mörder" bezeichnet. Innung spricht von
Seit dem Sommer werden Fleischereien in Prenzlauer Berg von Anschlägen heimgesucht. Anfang August gingen in einer einzigen Nacht die Scheiben von sieben Metzgereien zu Bruch. Die Fleischer-Innung hat kürzlich die 156 Mitgliedsbetriebe in ihrem monatlich erscheinenden „Rundschreiben“ vor dem „Terror gegen Fleischerfachgeschäfte“ gewarnt. „Da nur Fleischereien betroffen waren“, heißt es, „liegt die Vermutung nahe, daß es sich um eine gezielte Aktion gegen unser Handwerk“ handele. Im Prenzlauer Berg hat die Innung 14 Mitgliedsbetriebe.
Letztes Opfer der Anschläge ist Fleischermeister Joachim Dufft in der Oderberger Straße. In der Nacht von Samstag auf Sonntag ging sein Transporter in Flammen auf. Bereits sieben Wochen zuvor wurde versucht, seinen Lkw anzuzünden. Mittlerweile parkt Dufft, der seinen Laden seit 1967 betreibt, seine Firmenfahrzeuge auf einem bewachten Parkplatz.
Begonnen hat alles im Sommer. Am 9. August gingen bei sieben Fleischereien, die jeweils etwa anderthalb Kilometer voneinander entfernt liegen, die Scheiben zu Bruch. Fleischermeister Klaus Gottschlich hat mittlerweile, wie viele andere auch, teure Metalljalousien angebracht. „Wir überlegen, uns zu verbarrikadieren“, sagt Gottschlich, der seinen Laden seit 33 Jahren betreibt. Ein benachbarter Kneipier habe damals zwei „vermummte Fahrradfahrer“ beobachtet, die „gezielt“ vorgefahren seien, erzählt er. Gottschlich sieht die Ursachen in „aggressiven“ Medienberichten über Tiertransporte und Schlachthöfe. „Damit werden die Leute verrückt gemacht“, so der Metzger. Doch es treffe die Falschen. „Wir sind Fleischer und keine Schlächter.“
Bei der Fleischerei Klemm in der Schivelbeiner Straße gingen bereits zwei Wochen vor dem 9. August die Frontscheiben zu Bruch. Bei der Fleischerei Schröper in der Dunckerstraße flogen sogar an drei Wochenenden hintereinander Ziegelsteine durch die Fenster. Ein Metzger in der Schönhauser Allee, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, findet „des öfteren“ Aufkleber „Fleischer sind Mörder“ an seinem Geschäft.
Die Polizei tappt indes im dunkeln. „Wir müssen erst einmal prüfen“, so ein Pressesprecher, „ob ein Zusammenhang besteht.“ Bei dem abgefackelten Auto ermittle der Staatsschutz.
Der Geschäftsführer der Fleischer-Innung, Markus Feix, hat keine Erklärung für die Anschläge. In der Vergangenheit habe es zwar hin und wieder Schmierereien oder zerstochene Reifen gegeben. Doch das seien Einzelfälle gewesen. Barbara Bollwahn
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen