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Schröder leiht stärksten Arm der IG Metall aus

■ SPD-Kanzlerkandidat will IG-Metall-Vizechef Walter Riester als Arbeitsminister und Parteichef Oskar Lafontaine als Superminister für Wirtschaft und Finanzen

Berlin (taz) – Gerhard Schröder hat wieder einmal Sinn für eine gute Inszenierung bewiesen: Nicht zufällig ließ der SPD- Kanzlerkandidat wenige Stunden vor der wichtigen Landtagswahl in Sachsen-Anhalt die ersten Personalentscheidungen für sein Schattenkabinett durchsickern. Der stellvertretende IG-Metall-Vorsitzende Walter Riester soll Arbeits- und Sozialminister werden. SPD-Chef Oskar Lafontaine übernimmt nach Informationen der Welt am Sonntag ein Superministerium mit den Ressorts Wirtschaft und Finanzen. Fraktionschef Rudolf Scharping soll sein Amt behalten.

Schröder bestätigte am Sonnabend vor Gewerkschaftern in Salzgitter, daß Riester den Posten des Arbeits- und Sozialministers in einer SPD-geführten Bundesregierung übernehmen soll. Riesters Aufgabe werde es dann sein, so Schröder, noch in diesem Jahr das gescheiterte „Bündnis für Arbeit“ neu zu organisieren. Obwohl mit Protesten des Traditionsflügels der Partei um Rudolf Dreßler zu rechnen ist, wolle Schröder seine Entscheidung unbeirrt durchsetzen, so der Spiegel. Der SPD- Kandidat hält Riester für „einen der interessantesten Männer, die es auf diesem Sektor in Deutschland überhaupt gibt“.

Die IG Metall bestätigte, daß Riester im Falle eines SPD-Wahlsiegs Arbeits- und Sozialminister in Bonn werden soll. „Der SPD-Kanzlerkandidat hat angefragt, und Riester hat zugesagt“, so ein IG-Metall- Sprecher. Der 54jährige gilt als einer der Vordenker der Gewerkschaftsbewegung. Mit Schröder eint ihn das Mißtrauen, das beiden in den eigenen Reihen entgegengebracht wird. Die Traditionalisten in der IG Metall argwöhnen, Riester wolle allzuleicht hart erkämpfte gewerkschaftliche Besitzstände über Bord werfen. Wo sein Chef Klaus Zwickel eine Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich fordert, spricht sein Stellvertreter Riester lieber über flexible Tarifpolitik. Anfang der Neunziger handelte der Metaller die 35-Stunden-Woche aus.

Riester gehört seit 1966 der SPD an. Den SPD-Kanzlerkandidaten kenne er „gar nicht so genau“, aber was er von ihm gelesen habe, ermutige ihn, wird er im Spiegel zitiert. Das Amt des Arbeits- und Sozialministers reizt ihn: „Da entscheidet sich wahnsinnig viel.“

Schröder hatte auf dem Leipziger SPD- Parteitag angekündigt, er wolle bis Juni eine zehnköpfige sozialdemokratische Kernmannschaft vorstellen. Die jetzt bekanntgewordenen Informationen über die Posten für Lafontaine und Scharping bezeichnete eine Parteisprecherin als „pure Spekulation“. Nach anderen Berichten ist der Posten als Fraktionschef für Lafontaine reserviert. Scharping soll für Außen- und Sicherheitspolitik zuständig sein. Nur wenn sich Lafontaine doch noch für das Superministerium Wirtschaft und Finanzen entscheide, könne Scharping Fraktionsvorsitzender bleiben.

Ein weiterer Kandidat Schröders für den Posten des Wirtschaftsministers in Bonn, der Unternehmensberater Roland Berger, hat inzwischen abgesagt. Er habe „Schwierigkeiten mit dem SPD-Programm“, sagte er. Als Münchner werde er bei der Bundestagswahl CSU wählen. Die verfüge in der Wirtschaftspolitik über „wirklich moderne Konzepte“.

Die wichtigste Personalentscheidung hat Schröder gemeinsam mit seinem Wahlkampfmanager Bodo Hombach gefällt. Schröders Frau Doris Köpf soll möglichst weit jenseits des Rampenlichts stehen. Vor wenigen Wochen hatte sie mit kritischen Äußerungen über die Türkeipolitik der EU für Aufregung gesorgt. In ihrem neuen Job hat sie dazu keine Chance mehr. Sie soll sich um die internationale Presseauswertung kümmern – kostenlos und zu Hause. Jens König

Kommentar Seite 12

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