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Warnung vor dem Einheitsdeutschen

■ Projektgruppe „Ibrahim muß bleiben“als Botschafter der Bremer Jugend beim Empfang des Bundespräsidenten

Es war nicht alles bedeutungsvoll im Berliner Schloß Bellevue. Im Präsidentenpalais wuselten am Donnerstag schönbetuchte Mädchen und Jungs und bauten Roman Herzog bunte Stelltafeln. Der Bundespräsident hatte in seinen drei großen Reden zur „Bildungsoffensive“dazu aufgerufen, mehr Mut und Freude am deutschen Schulalltag zu zeigen. Nun wollte er mit seinem Jugend-Symposium „Schule und deutsche Einheit“wissen, was dabei herausgekommen ist.

Die Robert Bosch Stiftung half ihm und rief 30 Vorzeigeprojekte in die Hauptstadt. Viel „Ossi meets Wessi“war dabei, deutsch-deutsche Partnerschafts- und Internetprojekte erzählten von ersten Begegnungen. Auf der Bühne rief ein Mädchen „ich will alle meine Träume verwirklichen!“

Paul und Nora aus der Bremer Neustadt wollen nur, daß ihre togoischen Freunde Ibrahim und Abbas noch ein bißchen in Deutschland bleiben dürfen – und weil ihr Innensenator Ralf Borttscheller das nicht will, klebten sie im Schloß noch schnell ein paar druckfrische Flugblätter an ihre Stelltafel: „Hau ab, Niggerjunge!“.

Sie sind geladen zum Bundespräsidenten als „Petersilie auf der deutschen Schulsuppe“, wie es später im Gespräch mit Roman Herzog hieß: Als Abgeordnete der Gruppe „Ibrahim muß bleiben“aus dem Schulzentrum an der Kornstraße. Gemeinsam mit ihrem Lehrer Bodo Bilinski sind Nora Neuhaus und Paul Bruns mit ihrem Projekt die Botschafter der Bremer Schulen.

Sie sorgten für einiges Aufsehen, gehörte ihr Projekt doch an diesem Tag zu den wenigen offensichtlich konkreten: „Demokratisches Handeln“sei einfach notwendig „wenn es um den vom Tod bedrohten Menschen geht“, so brachte Hermann Boette als Leiter der zentralen Podiumsdiskussion diese Betroffenheit am Nachmittag auf den Punkt. Lange ließ sich der Bundespräsident von dem 15jährigen Paul Bruns die Geschichte vom zehnmonatigen Kampf der Schüler gegen Ibrahim Ali Yayas Abschiebung erzählen. Auf dem Podium warnte er „vor dem Einheitsdeutschen“und unterstrich die Notwendigkeit, über nationale Grenzen hinauszuschauen – auch um der deutschen Einheit willen: „Das ist immer noch das beste Gegenwirken gegen Fremdenfeindlichkeit!“

Lange standen auch die Grande Dame der Robert Bosch Stiftung, Irmgard Bosch, und der Leiter des Bundespräsidialamtes Wilhelm Staudacher am Stand der Bremer. „Jugendliche müssen doch auch mal anecken“, so Staudachers verblüffte Antwort auf Noras Klage, Bremens Innensenator habe die Kornstraßen-Gruppe als „vernagelt“bezeichnet. Die 20 Mark für ihre Broschüre „Ibrahim muß bleiben“lieh sich Herzogs rechte Hand von einem Mitarbeiter der Robert Bosch Stiftung.

In der Arbeitsgruppe „Schule als Lernort von Bürgertugenden“machte auch Irmgard Bosch den Jugendlichen Mut: „Machtstrukturen werden sich unter Menschen immer bilden; aber die Schule muß ein Ort sein, wo politisches Handeln möglich ist“, betonte die Schwiegertochter des Industriellen Robert Bosch. Einhellig machte die Arbeitsgruppe das Motto „Man muß sich einmischen“zum ersten Kernsatz für „Bürgertugend in der Schule“. Fritz Klinggräff

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