■ Born in Britain: Schon wieder gefälscht
Die Sache hat Methode: Nachdem der Guardian vorigen Monat einen Dokumentarfilm von Carlton Television über Drogenschmuggel von Kolumbien nach England als Fälschung entlarvt hatte (taz vom 11.5.), ist dem Sender, der zum Privatkanalverbund ITV zählt, nun ein weiterer Fake nachgewiesen worden: Das „Exklusiv-Interview“ mit Fidel Castro in dem Film „Inside Castro's Cuba“ hat der kubanische Präsident nie gegeben. Man hat einfach Archivmaterial zusammengeschnitten, um den Eindruck zu erwecken, es handle sich um ein Gespräch.
Für beide Fälschungen, die eine ganze Reihe internationaler Preise gewannen, ist der Filmemacher Marc de Beaufort verantwortlich. In der Werbung für den Film schrieb de Beaufort: „Wie Kopfgeldjäger hatten wir endlich einen der am schwersten zu fassenden Interviewpartner der Welt im Sack.“ Für Journalisten ist Castro in der Tat schwer zu fassen, die Liste der Anträge allein aus England enthält alles, was im Fernsehjournalismus Rang und Namen hat. Deshalb räumte ITV auch den besten Sendeplatz für den Film frei.
Ein kubanischer Botschaftsangehöriger in London sagte, die Regierung in Havanna sei über den Vertrauensbruch sehr verärgert. Man habe de Beaufort Archivmaterial zur Verfügung gestellt, das von Castros persönlichem Kameramann Roberto Chile gedreht worden war. Der sagte: „Präsident Fidel Castro hat weder Carlton noch de Beaufort jemals ein Interview gegeben.“
Das könnte ein Nachspiel für Carlton haben. Die Unabhängige Fernsehkommission hat bereits eine Untersuchung über den gefälschten Drogenschmugglerfilm eingeleitet. Eine Sprecherin sagte nun, daß es eine „Verletzung der rechtlich bindenden Programmstatuten“ sei, wenn man ein Interview mit Archivmaterial vortäusche. Carlton könnte die Lizenz entzogen oder um zwei Jahre verkürzt werden. Wenn der Sender Glück hat, kommt er mit einer Geldstrafe davon. De Beaufort ist seit der ersten Guardian-Enthüllung im vergangenen Monat in Kolumbien untergetaucht. Carltons Programmchef für Dokumentarfilme, Roger James, verweigerte jede Stellungnahme. Ralf Sotscheck
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