■ Kommentar: Neue Grenzen
Mit seiner Entscheidung, dem Getränkekonzern Brau und Brunnen grünes Licht für den Bau ihres Hochhauses zu geben, hat Bausenator Jürgen Klemann seinem Gegenspieler Staatssekretär Hans Stimmann wieder eins ausgewischt. Masterplaner Stimmann hat nun keine Chance mehr, seine Vorstellungen vom Stadtumbau vor Ort zu realisieren. Das Planwerk Innenstadt ist rund um den Breitscheidplatz passé, die baulichen Entwürfe mit mäßigen Höhen und Einkaufs-Malls sind Geschichte. Die Hochhausepoche am Bahnhof Zoo hat begonnen – nicht zuletzt durch den Bau des Hochhauses am Kranzler-Eck.
Dennoch kann Klemann nicht aus der Pflicht entlassen werden, am Breitscheidplatz den Tiger zu reiten. Der Weg, gemeinsam mit Investoren dort am Himmel zu kratzen, birgt Gefahren, die der Stadt noch mehr Schaden bringen könnten als nur Schatten durch hohe Türme. Der Jahn-Bau am Kranzler-Eck und der Mäckler-Turm bilden semiöffentliche Räume, die in ihren Erdgeschoßzonen mit Schranken agieren. Statt des vielbeschworenen Lebens, das dort einziehen soll, bestimmt Gesichtskontrolle den Zugang. Durch die Häuser führen Passagen, die kommerziellen Interessen dienen, nicht der Urbanität. Dem Bahnhof Zoo und seinem Milieu gegenüber verhalten sich die Türme wie Feuer und Wasser. Wenn Klemann will, daß hier nicht eine Grenze quer durch das Quartier verläuft, muß er auch die Stadtverträglichkeit der Pläne prüfen – und darf sich nicht nur von Hochhausfassaden blenden lassen. Rolf Lautenschläger
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