piwik no script img

Selbstgebaute Bombe verwandt

Berliner Innensenator geht beim Anschlag auf Galinski-Grab von rechtsextremen Tätern aus. Sprengstoff war Eigenlaborat, verpackt in Stahlkappe einer Gasflasche  ■ Von Barbara Junge

Der Sprengstoffanschlag auf das Grab von Heinz Galinski in Berlin ist offenbar mit einer selbstgebauten Bombe verübt worden. Wie die Ermittlungen des Berliner polizeilichen Staatsschutzes bis gestern nachmittag ergaben, war das Eigenlaborat in der Stahlkappe einer Gasflasche verpackt. Diese Metallumhüllung hatte die Sprengwirkung verstärkt, Metallsplitter sind in einem Umkreis von 40 Metern entdeckt worden.

Die Ermittlungen zum Anschlag von Samstag auf das Grab des ehemaligen Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde zu Berlin und ehemaligen Zentralratsvorsitzenden der Juden in Deutschland, Galinski, laufen auf Hochtouren. Die Experten für Rechtsextremismus beim Landeskriminalamt leiten die Ermittlungen, Berlins Innensensenator Eckart Werthebach (CDU) hat den Fall zur Chefsache erklärt. Bislang können die Sicherheitsbehörden aber noch keine Angaben zu möglichen Tätern machen, man geht von einer organisierten Aktion aus. Werthebach teilte gestern mit, die Täter kämen vermutlich aus dem rechtsextremen Spektrum. Bisher könne man jedoch noch nicht sagen, wie die selbstgebaute Bombe genau ausgesehen habe und welche rechtsextremen Gruppen in Berlin das notwendige Fachwissen dafür haben könnten. Zur Aufrüstung unter Neonazis sagte er, eine „Braune Armee Fraktion“ gebe es weder in Berlin noch sonstwo in der Republik, doch existiere eine gewaltbereite rechtsextreme Szene.

Nun will die Polizei prüfen, ob es Parallelen zu weiteren Anschlägen gibt. In Berlin etwa waren Ende 1997 zwei Neonazis aus einer rechtsextremen Kameradschaft wegen eines geplanten Bombenattentats auf ein Berliner PDS-Mitglied verhaftet worden. Die beiden hatten zu Übungszwecken bereits mehrere Rohrbomben in einem Berliner Park gezündet.

Der Anschlag auf das Galinski- Grab ist schon die dritte antisemitische Gewalttat in diesem Jahr, insgesamt geht der Innensenator von einem Anstieg antisemitischer Gewalttaten im Jahr 1998 um rund 20 Prozent aus. Schon im Vorjahr indes hatten antisemitische Straftaten zugenommen. Weitere Erkenntnisse zu dem Sprengstoffanschlag wollte Berlins Polizeipräsident Hagen Saberschinsky erst am gestrigen Abend bekanntgeben.

Der Zentralratsvorsitzende Ignatz Bubis legte gestern einen Kranz an der zerstörten Grabstätte nieder. „Den Tätern ist es bei diesem Anschlag auf ein besonderes Symbol um die Jüdische Gemeinde in Deutschland gegangen“, sagte Bubis. Er vermute, daß es sich bei den Tätern um die gleichen Leute handle, die aus rassistischen Gründen auch Asylbewerberheime anzündeten. Zugleich wies Bubis Stimmen zurück, die die Tat mit der umstrittenen Friedenspreisrede Martin Walsers in Verbindung gebracht hatten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen