Coup im Magistrat: Schulrat mit BHV-Stempel benannt
■ CDU nutzte Abwesenheit des Oberbürgermeisters für politischen Durchmarsch bei Schulrats-Stelle
Immer Dienstags tagt der Bremerhavener Magistrat, und gestern fehlten zwei, unter anderem der Bürgermeister Manfred Richter. Diese Chance nutzten die der CDU zuzurechnenden Magistrats-Mitglieder, die dann mit ihren sechs Ma-gistratsmitgliedern die Mehrheit hatten, um einen umstrittenen Beschluß über die Besetzung eines vakanten Oberschulrats-Postens durchzubekommen und damit einen, der sogar nach CDU-Auffassung „abfiel“ gegenüber seinen Mitbewerbern, zu benennen.
Die Bremer Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs hatte noch am Tag zuvor schriftlich bestätigt, daß sie den Favoriten der CDU, den Schulleiter D. aus dem Landkreis Cuxhaven, für „nicht geeignet“ hält, die Landesaufgaben der Dienst- und Fachaufsicht wahrzunehmen, die mit dem Amt eines Bremerhavener Oberschulrates bisher verbunden sind. Der Magistrat möge sich bitte für einen der anderen beiden Bewerber entscheiden, hatte die Senatorin geschrieben. Aber die CDU blieb hart und nutzte die Abwesenheit des Oberbürgermeisters für eine schnelle Entscheidung – die beiden anderen waren im Verdacht, das falsche Parteibuch zu haben.
Dabei hatte die CDU selbst festgestellt, daß in der mündlichen Vorstellung der von ihr favorisierte Bewerber „in der Darstellung seines Vortrags abfiel“ gegenüber den anderen beiden, so steht es in der Beschlußvorlage für den Magistrat. In der Bremer Bildungsbehörde, die an der Anhörung beteiligt war, heißt es im Klartext: Für die Führungsaufgabe im Bereich der gymnasialen Oberstufe und der Berufsschulen ist der Mann nicht geeignet, er hatte eine miserable Vorstellung abgegeben.
Aber im Schulausschuß hatten sich CDU und AfB mit ihrem Votum schon für den Kandidaten D. trotz der fachlichen Einwände durchgesetzt. Oberbürgermeister Richter hatte das nicht mitgemacht, zweimal hatte der Magistrat, der Oberschulräte benennen muß, die Entscheidung mit der Doppel-Stimme des Oberbürgermeisters vertagt. Nun war gestern der Chef nicht da und noch einer fehlte und die Lage für einen Coup günstig.
Bei der Durchsetzung der Entscheidung wird es nun aber Probleme geben. Denn die drei Bremerhavener Oberschulratsstellen – eine für die Primarstufe, eine für die S I und die derzeit vakante für die S II – sind „gesplittete“ Stellen, das bedeutet: Die Hälfte zahlt das Land Bremen, weil diese Oberschulräte gleichzeitig eben auch Landesaufgaben erfüllen. Wenn nun die Bildungssenatorin, wie angekündigt, einen anderen Weg für die Landesaufsicht sucht, dann fehlen für das Gehlt des CDU-Kandidaten 64.000 Mark im Jahr. Zudem wäre die bisherige Struktur zerschlagen, kommunale und Landesaufgaben in eine Hand zu legen. Das hatte den Vorteil gehabt, daß es praktisch keine Konflikte zwischen Kommune und Landesaufsicht gab, die Doppel-Struktur hatte für Bremerhaven eine schulpolitische Autonomie garantiert, die es außer in Bremen in keiner anderen Kommune in Deutschland gibt.
Da der Personalrat die fachliche Kritik an dem Kandidaten der Bremerhavener CDU teilt und der Entscheidung seine Zustimmung verweigern wird, ist das Thema mit dem gestrigen Magistrats-Coup allerdings nicht erledigt. K.W.
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