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Trifft den Regierungssprecher für den Boulevard die Schuld?

Freitag nachmittag, Frage an den stellvertretenden Regierungssprecher: „Herr Anda, Sie hören sich ganz munter an. In Bonn heißt es, Sie hätten einen Kreislaufkollaps erlitten...?“ „Ach Gott, nein!“ Bela Anda klingt am Telefon denkbar aufgeräumt. Doch Bonn brodelt am Tag eins nach Lafontaine, und das Gerücht vom körperlichen Zusammenbruch des früheren Bild- Reporters paßt nur zu gut ins Bild, das viele sich vom Auslöser des Minister-Rücktritts machen.

Mit dem Hinweis „Der Kanzler wörtlich“ hatte die Bild am Donnerstag den Wutausbruch von Gerhard Schröder im Kabinett dokumentiert – und damit Lafontaine desavouiert. Zuständig für die Kontakte zur Boulevardpresse: der 35jährige Anda. War er der Informant? „Daß jetzt Dolchstoßlegenden beginnen, muß ich hinnehmen.“ „Wenn nicht Sie, wer war's sonst?“ „Kein Kommentar.“

Unter Journalisten kann sich derzeit niemand so recht vorstellen, daß Anda an der Operation gänzlich unbeteiligt war. Schließlich wurde er auf ausdrücklichen Wunsch des Kanzlers geholt, um dem ansonsten wenig boulevardesken staatlichen Presseamt einen Draht zum Volk zu verschaffen. Schon 1996 hatte Anda eine Biographie über Schröder geschrieben. Seitdem begleitete er als Chefreporter bei Bild auch die ehelichen Irrungen und Wirrungen des SPD-Hoffnungsträgers („Hillu Schröder – bald ganz allein zu Haus?“). Auch als Doris Köpf in Schröders Leben trat, konnte Anda mit Details glänzen („Er schenkte ihr ein antikes Goldband – um 1890“).

Das Interesse von Politikern wie Beobachtern in Bonn richtet sich inzwischen auf andere Fragen. Hat Anda nur weitergeplaudert, was er besser für sich behalten hätte? Oder hat der aufstrebende Jungkader in höherem Auftrag gehandelt, wie vor allem im Lager der Lafontaine-Anhänger gemutmaßt wird?

Andas Chef, Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye, antwortete gestern auf die Frage, wessen Indiskretion wohl Lafontaine zum Ausstieg trieb, mit mühsam unterdrückter Wut: „Das wüßte ich auch gerne.“ Der Verdächtigte selbst konnte gestern immerhin das Gerücht um den Kollaps aufklären. Am Mittwoch sei das gewesen und also vor dem Rücktritt. „Ich hatte morgens nur ein Brötchen gegessen“, beschreibt Anda im anschaulichen Bild-Stil. Abends sei er bei der Vorstellung des deutschen Pavillons für die Weltausstellung Expo gewesen. „Dort wurde mir ein bißchen schwarz vor Augen.“ Glückliches Ende: „Dann hat Herr Heye mir unter die Arme gegriffen.“

Die Unterstützung seines Chefs kann Anda jetzt gut gebrauchen. Patrik Schwarz

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