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Die Bank an ihrer Seite

Kunstsponsoring als postmodernes Mäzenatentum: Internationale Künstler und Berlins Museen profitieren von der Hauptstadtfilialen-Deko deutscher Banken  ■   Von Katrin Bettina Müller

Immer öfter stehen Banken und Unternehmen als Absender auf Einladungen zu Ausstellungseröffnungen. Ältester Showroom einer Bank in Berlin ist das 1985 eröffnete Kunstforum der Grundkreditbank. Die ersten beiden Jahre als Dependance der Neuen Nationalgalerie bespielt, steht die Rotunde heute vielen Museen der Stadt und Projekten der Berliner Festspiele offen. Nur gelegentlich wird auch die bankeigene Sammlung, die sich auf Künstler der ehemaligen DDR und der neuen Länder konzentriert, dort präsentiert. Den ostdeutschen Malern galt die Leidenschaft des ehemaligen Vorstandes Jürgen Bostelmann, der damit auch ein Bewußtsein für Berlin als Mitte in der ehemaligen DDR wecken wollte. Nach 1990 gab die Sammlung dem geschäftlichen Engagement der Grundkreditbank in den neuen Ländern prompt einen Vertrauensvorschuß.

Es wird also aus guten Gründen wieder gesammelt in Berlin. Und diesen Eindruck vermitteln auch die neu mit Kunst ausgestatteten Häuser von Banken, Versicherungen und anderen in die Stadt gezogenen Unternehmen. Doch verglichen mit der Sammlerkultur im Rheinland und in Frankfurt, wo private Mäzene und Konzerne Sammlungen von musealem Rang aufgebaut haben, ist Berlin ein Nachzügler.

Die Hoffnung, daß der Macht und dem Geld die Kultur in die Hauptstadt nachzieht, ist groß in der Kunst- und Galerienszene Berlins. „Noch hat sie sich allerdings nicht in dem üppigen Rahmen erfüllt, der erwartet wurde“, erzählt ein Galerist, der gerade die „Scouts“ der Deutschen Bank für Zeichnungen zweier Künstler seiner Galerie erweckt hat. Noch sitzen die Kuratoren und tagen die Fachbeiräte in Frankfurt: Zum Beispiel von der DG Bank, die für ihre fotografische Sammlung gerühmt wird, von der Dresdner Bank und der Deutschen Bank, deren seit Anfang der achtziger Jahre aufgebaute Sammlung von Kunst auf Papier als hervorragend gilt. Über 700 Geschäftsstellen, darunter 60 im Ausland, sind nach dem Motto „Kunst am Arbeitsplatz“ ausgestattet worden. Dort eine Arbeit zu plazieren, ist der Traum vieler Galeristen. Die Ausstattung des Deutschen-Bank-Gebäudes Unter den Linden ist der Kunst in Berlin seit 1950 gewidmet und besonders die 3. Etage, die Positionen der 90er Jahre versammelt, ist näher an der aktuellen Entwicklung als jedes Museum der Stadt.

Doch viele der zugezogenen Unternehmen haben Vorurteile über die kleinkarierte Provinzialität der Berliner im Gepäck und wollen als international agierende Konzerne auch Zeichen für Internationalität setzen. Da prunkt eine Skulptur von Claes Oldenburg vor dem Geschäftshaus amerikanischer Investoren und Daimler Benz rüstet mit internationalen Großskulpturen am Potsdamer Platz auf. „Da gibt es eine große Kluft in der Kommunikation zwischen der Kunstszene der Stadt und den kunstinteressierten Unternehmen“, beobachtet auch Jörn Merkert, Direktor des Landesmuseums Berlinische Galerie. „Erstens kennen sich die Banken und Unternehmen, die hierher kommen, nicht in Berlin aus, zweitens glauben sie nicht, daß sie hier gut beraten werden, und drittens haben sie oft schon eine eigene Tradition aufgebaut.“ Dennoch hält er die neue Klientel „für eine riesige Chance“, auch für die Museen der Stadt, Partner für die Zukunft zu finden. Der „Staat sichert nur noch die Basis, Museumsbetriebe müssen unternehmerisch denken“.

Als Direktor der Berlinischen Galerie ist Jörn Merkert oft auf Sponsorensuche. Er pflegt Kontakte in mehreren Beiräten: für das Ausstellungsprogramm im Kunstforum der Grundkreditbank, wo auch die Berlinische Galerie oft zu Gast ist, für die Sammlung der ostdeutschen Landesbausparkassen, für die Bundesbank und den Kunstpreis der VEAG. „Ein Künstler, dem ich eine Bank als Käufer vermittelt habe, kommt mir wahrscheinlich entgegen, wenn ich etwas für die Sammlung des Museums erwerben möchte“, beschreibt er den Profit beider Seiten.

Doch eine engere Verflechtung von privatem und öffentlichem Kunstengagement erweckt auch Argwohn. Denn anders als das Museum, das bisher in seiner Sammlung der Öffentlichkeit und einem immer wieder neu auszuhandelnden Begriff von Kunstgeschichte verpflichtet ist, entscheidet der private Sammler nach eigenen Vorlieben. Die Kunst auf den Vorstandsetagen ist öffentlicher Kritik entzogen; man muß schon Banker werden, um mit ihr zu leben. Zugleich aber werden dort zunehmend die Weichen für die Ankaufspolitik von Museen gestellt.

Den Vorwurf mangelnder Öffentlichkeit macht in den Augen von Monika Grütters, die für die Bank Gesellschaft Berlin eine Sammlung aufbaut, wett, „daß auf den Vorstandsetagen Entscheidungsträger der allerhöchsten Ebene der Gesellschaft mit der Kunst infiziert werden“. Begeistert erzählt sie von ihrem jüngsten Coup, dem Kauf einer Textarbeit von Remy Zaug auf dem Berliner Art Forum im Herbst. Zaugs philosophisch anspruchsvolles Zitat „und würde mir, sobald ich denke, die Welt entfremdet“, hat im Sitzungssaal kontroverse Diskussionen unter den Vorständlern ausgelöst, aber „jetzt würde keiner die Arbeit mehr hergeben wollen“. Das Vertrauen in die Kunstszene, das dabei entsteht, und die Neugier für oft komplizierte zeitgenössische Positionen, mit denen man den Umgang nicht im Museum lernen kann, hält Grüters für den entscheidenden Gewinn.

Als Bekenntnis zum Standort Berlin versteht die Bank Gesellschaft ihre Kunstförderung. Sie „will damit als einer der größten Arbeitgeber der Stadt mit 17.000 Beschäftigten und als das einzige Kreditinstitut bundesweit mit Hauptsitz in Berlin gesellschaftliche Veranwortung wahrnehmen“. Kunstförderung gehört für Grütters zu den „Kommunikationsinstrumenten, mit denen wir unsere Aussage wiederholen: Wir sind ein junger Konzern, wir arbeiten international, wir suchen Qualität und verlassen uns gerne auf Expertenvoten.“ Deshalb hat sich die Gesellschaft für die Unterstützung der Kunstmesse Art Forum als „einer wichtigen Existenzgründung für die Stadt“ und für ein Sammlungskonzept entschieden, das den Aspekt des Berlin-Bezugs mit dem Anspruch des Internationalen verbindet. Denn die Künstler, mit deren Arbeiten Grüters seit anderthalb Jahren das Alexanderhaus ausstattet, sind fast immer über den DAAD (Deutschen Akademischen Austauschdienst) nach Berlin gekommen.

Ebenso wie die Bank Gesellschaft nimmt auch die ihr angeschlossene Landesbank Kunstförderung als Investition in den Standort ernst. In Berliner Ateliers und Galerien hat die Kuratorin Claudia Marquart die Künstler gefunden, die seit 1993 etwa zwanzig neu eröffnete Beratungsstellen des Anlage- und Finanzierungsservice in Berlin und Brandenburg ausgestattet haben. Die Künstler erhalten da die Möglichkeit, ein Konzept für die Räume zu entwikkeln. In Berlin gibt es beispielsweise Werkgruppen von Anne Katrin Dolven, Eva-Maria Schön, Andrea Scrima und Kerstin Bomhardt zu entdecken, in Cottbus und Potsdam findet man Arbeiten von Hans Schimanski, Carsten Nicolai oder York dem Knöffel.

Hat es ein Künstler geschafft, der einmal eine Bank ausgestattet hat? Führt der Weg ins Museum über die Bank? Ist sein Lebensunterhalt gesichert? Bisher treffen diese Erwartungen nur in Maßen zu, und was die letzte Frage angeht, eher selten; aber sie spiegeln den verschärften Konkurrenzkampf der Galerien und Künstler um die Aufmerksamkeit der professionellen Kunstberater.

Wenn auch die Furcht, die Unternehmen könnten den Künstlern ihre Freiheit abkaufen, etwas romantisch übertrieben ist, bleibt doch die Frage, welchen Bedeutungswandel die Kunstwerke im Kontext der Unternehmen erfahren. Was bleibt übrig nach dem Image-Transfer, wieviel Widersprüchliches verträgt die Unternehmensphilosophie?

Oft sind die zur Zeit entstehenden Sammlungen an die Ausstattung neuer Geschäftssitze gebunden. Als ein Instrument, das Engagement für die Kunst nicht nur als kurzen Boom zu erleben, sondern langfristig abzusichern, sieht Monika Grütters die neue Stiftung „Brandenburger Tor“ der Bank Gesellschaft. „Da geht es in Bildung, Wissenschaft und Kultur um Bereiche, die sich dem kurzfristigen Sponsoringansatz entziehen.“

Und trotz aller Provinzialitätsvorwürfe war Berlin schon immer eine Stadt, die mit dem „Internationalen“ mehr liebäugelt als mit der Region. Der Star unter den public-private Partnerschaften ist die vor zwei Jahren eröffnete Ausstellungshalle Deutsche Guggenheim, handtuchschmal und mit den höchsten Eintrittspreisen, dafür aber vom Guggenheim-Museum New York und der Deutschen Bank mit klassischer Moderne, amerikanischer Avantgarde und Künstlern aus der Sammlung der Bank bespielt. Zu ihrer letzten Vernissage von Andreas Slominskis Fallen-Skulpturen luden sie 2.500 internationale Gäste aus dem Kreis der Förderer, nutzten den Verteiler der Berlin Biennale, der die lokale Szene aufschlüsselt, und sprachen ihre Geschäftspartner aus dem Wirtschaftsbereich an. Kein Wunder, daß man sich da in durchschnittlicher Straßenkluft auf einmal total schäbig vorkam.

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