Nach dem Parteitag: Grüner Katzenjammer?
■ Öko-KandidatInnen fürchten einen Stimmeneinbruch bei Bürgerschaftswahl
Austritte? „Bisher gab es keine“, sagt der grüne Fraktionssprecher Dieter Mützelburg auf die Frage nach den Fernwirkungen des Parteitages in Bielefeld. In bürgerlichen Kreisen macht der Außenminister eine gute Figur, aber die Grünen fürchten, daß ihre Mitverantwortung für den Krieg gegen Milosevic bei der Bürgerschaftswahl Stimmen kostet. „Im Herbst war unser Ziel, die 13 Prozent von 1995 wieder zu erreichen. Jetzt fänden wir „zehn plus X“ ein gutes Ergebnis“, räumt Mützelburg ein.
Da ist auch die Stimmung an der Basis. „Wir haben in Huchting eine gute Arbeit gemacht. Wenn wir jetzt nur 7 Prozent bei den Beiratswahlen bekommen würden, wäre die in ein falsches Licht gesetzt“, sagt Hans-Eberhard Junge vom Beirat in Huchting. Er fürchtet Auswirkungen in der Wahl, teilt aber durchaus inhaltlich die Position der Parteitagsmehrheit. Fünf der sechs Delegierten waren dafür, nur Arendt Hindriksen hatte für den Stroebele-Antrag gestimmt. „Ich weiß, daß ich hier in Bremen bei den Grünen damit allein stehe“, sagt Hindriksen, er findet den Nato-Einsatz „falsch“, beeilt sich aber zu versichern, daß er mit der beschlossenen Position „leben kann“.
Hermann Kuhn, auch Bürgerschaftsabgeordneter, findet den Schritt der Nato „gerechtfertigt“ und ist „zufrieden“, daß der Parteitag nun mehr diplomatische Initiativen anmahnt. Was ihn erschreckt hat auf dem Parteitag, ist eher die Stimmung, „der Haß sitzt tief“.
Kathrin Kummerow, die Sprecherin des Landesverbandes der Grünen, hat gestern den ganzen Tag über Telefonanrufe gehabt und im Saldo eher „eine positive Resonanz“. Die ganz radikalen Stimmen gebe es „in Bremen weniger“, es habe „bisher keine Austritte gegeben“, die würden vielleicht noch kommen, „es gibt aber auch einige, die eintreten wollen“. Niemand habe die Illusion, eine Parteitagsresolution der Grünen könne die Nato-Strategie ändern, die Rolle der Grünen in der Bundesregierung und ihr Umgang mit dem Problem finde aber auch Respekt.
Joschka Fischer, im Bundestagswahlkampf das Zugpferd bei den öffentlichen Veranstaltungen, soll auch in Bremen im Wahlkampf auftreten, und zwar kurz vor dem 6. Juni. Aus Sicherheitsgründen darf er aber nicht auf dem Marktplatz sprechen, ein Saal wird noch gesucht. Und es sei völlig offen, welchen Terminkalender der Außenminister dann habe, sprich: ob er Zeit für den Bremer Wahlkampf hat. Die Grünen wollen ihn holen – „ganz sicher“, sagt Kummerow. K.W.
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