: Bittere Pillen überall in Bremen
Wegen der Bundesratsklausel stocken die Koalitionsgespräche zwischen SPD und CDU. Die Grünen haben sich derweil mit der Oppositionsrolle abgefunden ■ Von Klaus Wolschner
Bremen (taz) – Die Bremer SPD will mit den Grünen nicht einmal „Sondierungsgespräche“ führen. Der Landesvorstand beschloß mit 13 gegen 2 Stimmen, direkt zur Sache zu kommen und die Koalitionsverhandlungen mit der CDU aufzunehmen. So saßen die Delegationen gestern schon zusammen, um die bitterste Pille für die Wähler, den Finanzrahmen, zu klären. Für die nächsten fünf Jahre soll es auf der Ausgabenseite ein Nullwachstum geben, jede Ausgabensteigerung muß durch Einsparungen an anderer Stelle kompensiert werden.
Knackpunkt der Koalitionsverhandlungen wird aber das Abstimmungsverhalten Bremens im Bundesrat sein. Der Bremer SPD-Landesvorsitzende Detlev Albers meinte, er könne sich nicht vorstellen, daß die zentralen rot-grünen Bonner Reformvorhaben – er nannte Steuerreform, Ökosteuer und Budgetierung bei der Gesundheitsreform – an den Bremer Bundesratsstimmen scheitern nach einer Wahl, bei der die SPD die absolute Mehrheit um gerade vier Sitze verfehlt hat. Generell will aber die CDU, darauf insistierte der stellvertretende Landeschef Michael Teiser, das Stimmverhalten im Bundesrat nicht dem SPD-Partner überlassen. Die Klausel, daß ein Land sich enthalte, wenn die Koalitionspartner sich nicht einig werden, sei überall üblich, erklärte Teiser. Möglicherweise müssen zu einzelnen Bonner Gesetzesvorhaben Kompromißformeln im Koalitionsvertrag vereinbart werden.
Gestern vormittag jedenfalls sind die Verhandlungspartner im Streit über diese Frage auseinandergegangen. Die SPD sieht sich als „dominante politische Kraft in Bremen“ und will das auch in der Anzahl der Ressorts gewürdigt wissen; bisher haben beide Parteien jeweils vier Senatoren. Die SPD, die bisher die „harten“ Ressorts für Bau und Wirtschaft der CDU überließ, will nun eines davon besetzen. Der Werder-Manager Willy Lemke, der in Henning Scherfs Zeiten als Landesvorsitzender einmal SPD-Geschäftsführer in Bremen war, ist im Gespräch als neuer Wirtschaftssenator.
Für die Grünen meinte Landesvorstandssprecher Hucky Heck gestern auf der Wahl-Pressekonferenz, die Rolle der Opposition sei „die richtige Rolle“ für die Grünen, man habe „die Rolle der Opposition angenommen“.
Der FDP-Spitzenkandidat Peter Braun ist nach dem enttäuschenden 2,5-Prozent-Ergebnis in der einstigen FDP-Hochburg zurückgetreten, um den Weg frei für einen Neuanfang zu machen. Das sei auch eine Niederlage des „Wolfgang-Gerhardt-Syndroms“ gewesen, kommentierten die Jungen Liberalen den Rücktritt.
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