: Reißwolf Werthebach will nichts gewusst haben
■ PDS fordet Rücktritt des Senators. Grüne: Strafantrag gegen Verfassungsschutzchef
Innensenator Eckart Werthebach (CDU) hat gestern alle Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Sturm auf das israelische Generalkonsulat zurückgewiesen. „Das ist alles heiße Luft“, sagte Werthebach. „Es gab keine Aktenmanipulation und keine Aktenunterdrückung.“
Der Innensenator widersprach damit den Vorwürfen von Wolfgang Wieland, dem grünen Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses, zu den Ereignissen am Konsulat. Er hatte dem Landesverfassungsschutz vorgeworfen, Akten vernichtet zu haben, die die politische Verantwortung der Berliner Behörden für die laxe Sicherheitsvorsorge vor dem israelischen Generalkonsulat belegten. Das Generalkonsulat war bloß von den drei Wachpolizisten geschützt worden. Israelische Wachleute hatten vier Kurden erschossen.
Wieland will nun Strafanzeige gegen den Verfassungsschutzchef Eduard Vermander erheben, der nach seiner Ansicht die Aktenvernichtung direkt angeordnet hat. Zudem sei der Vizechef des Amtes, Klaus Müller, gedrängt worden, die Kopie des belastenden Aktenvermerks zu vernichten. Laut Wieland wird Müller nun als Geheimdienstkoordinator der Hauptstadt „strafversetzt“.
Nach Ansicht des innenpolitischen Sprechers der SPD, Hans-Georg Lorenz, ist Vermander als Verfassungsschutzchef „nicht mehr haltbar“, wenn sich der Vorwurf Wielands bestätigt. Auch Lorenz hatte im Ausschuss den Eindruck, „dass man uns bestimmte Teile der Akten nur deshalb gegeben hat, weil ein bestimmter Beamter darauf bestanden hat, dass sie nicht vernichtet werden“. Lorenz aber wäre es lieber gwesen, wenn die Grünen mit rechtlichen Schritten noch bis Mittwoch gewartet hätten. Dann nämlich sagen der Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Peter Frisch, und Bruno Dechamps, in der Innenverwaltung verantwortlich für den Verfassungsschutz, vor dem Untersuchungsausschuss aus.
Die innenpolitische Sprecherin der PDS, Marion Seelig, hat unterdessen den Rücktritt von Werthebach gefordert. „Wenn er nicht von sich aus die Konsequenzen zieht, scheint ein Misstrauensantrag gegen den Innensenator unerlässlich.“ Für SPD-Mann Lorenz ist klar: Die SPD wird einem solchen Antrag kurz vor der Wahl nicht zustimmen. Ob die Bündnisgrünen einen solchen Antrag unterstützen würden, ist noch offen. „Bei uns besteht noch Aufklärungsbedarf, ob der Innensenator von der Aktenvernichtung wusste oder sie gar angeordnet hat“, sagte die Fraktionsvorsitzende Renate Künast. Über das weitere Vorgehen werde die Fraktion noch beraten.
Werthebach unterstrich: „Weder Herr Böse noch ich haben mit Herrn Vermander über Aktenvernichtung gesprochen.“ Auch die Versetzung Müllers habe nichts mit dem Ausschuss zu tun. Sie stehe seit langem fest. ges/sam
Bericht Seite 7, Kommentar Seite 12
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