: Der Rettungsplan für Sekt- und Bölleropfer steht
350 Rotkreuzhelfer verarzten Millenniumsmillion. DRK: Massenpanik kaum vorstellbar
Nicht panische Menschenmassen und Computer, die verrückt spielen, sondern knallende Korken und krachende Böller bedrohen nach Ansicht des Berliner Roten Kreuzes die Gesundheit in der Silvesternacht. Allein auf der Festmeile zwischen Siegessäule und Alexanderplatz seien deshalb 20 Ärzte und 350 Sanitäter im Einsatz, um den erwarteten Millionenansturm möglichst unversehrt ins neue Jahr zu bringen.
„Wir haben alles Nötige getan, um die Erstversorgung sicherzustellen“, sagte Einsatzleiter Carsten Leopold gestern. Über Katastrophenszenarien wie eine Massenpanik werde man jedoch nicht spekulieren. Stattdessen konzentriert sich das Deutsche Rote Kreuz (DRK) auf fetenlastige Risiken: „Von Blutblasen, Alkoholvergiftungen, Brand- und Schnittverletzungen bis hin zum Herzinfarkt und ohnmächtigen Boygroup-Fans haben wir alles im Griff.“
Für den Rest der Stadt gilt in der DRK-Landesgeschäftsstelle die Devise: „Abwarten, was passiert.“ Insgesamt seien 1.800 Rettungskräfte auf Feuerwachen und 700 weitere bei Veranstaltungen im Einsatz, um eine „normale Versorgung der Stadt zu garantieren“. Bei Bedarf werde Verstärkung aus anderen Bundesländern anrücken.
Entsprechend gelassen blickt die DRK-Einsatzleitung möglichen Auswirkungen des Jahr-2000-Computer-Problems entgegen. „Eine Massenpanik kann ich mir nur schwerlich vorstellen“, so Leopold. Er rechne mit nichts Gravierenderem als vereinzelten Strom- und Lichtausfällen. Genau vorhersagen, was passiert, könne zwar keiner. Man habe aber sichergestellt, dass die eigenen Fahrzeuge und Funkgeräte auch nach null Uhr funktionierten.
Für den „noch nie dagewesenen“ Großeinsatz zwischen Großem Stern und Alexanderplatz richtet das Rote Kreuz entlang der Partymeile 20 Unfallhilfestellen ein. Psychologen sind unterwegs, um Hilfsbedürftigen die Erlebnisbewältigung zu erleichtern. Sorge bereiten dem DRK vor allem mitgebrachte Böller und Alkoholmissbrauch sowie das dichte Gedränge an Siegessäule und Brandenburger Tor. „Besonders auf dem Pariser Platz kann es ziemlich eng werden“, warnt Leopold.
Für den Notfall verlassen sich die Rotkreuzler darauf, dass Polizei und Partyveranstalter die Rettungswege freihalten, die Bewag die Stromversorgung sicherstellt und U- und S-Bahnen auch nach dem Datumswechsel fahren. Dann stünden bei Bedarf binnen weniger Minuten U-Bahn-Züge bereit, um Verletzte abzutransportieren, so Leopold: „Die BVG wird um 0:02 Uhr feststellen, dass ihre Züge Strom haben und fahren. Danach läuft auch bei uns wieder alles nach Plan.“ Markus Wierz
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