Öko-Gütesiegel für die Energiewende

Nicht überall, wo Ökostrom draufsteht, ist auch Ökostrom drin

Berlin (taz) – Ist das nicht schön: Strom kaufen, der ökologisch korrekt ist und auch noch superbillig? 19 Pfennig verlangt derzeit der Stromdiscounter Yello pro Kilowattstunde. Und über 70 Prozent davon stammen „aus preisgünstiger Wasserkraft, die in Norwegen eingekauft wird“, verspricht die Tochter des Stromversorgers EnBW. Der Rest kommt zwar zu etwas mehr als der Hälfte aus Atommeilern, aber der Löwenanteil ist doch einwandfrei, könnte man meinen.

Doch für Ralf Bischof ist das ein „ganz perfides Angebot“. Norwegen importiere mehr Strom, als es ausführe, weshalb Norwegen für den verkauften Strom wieder anderen einführen müsse, „Atomstrom aus Schweden oder bestenfalls Kohlestrom aus Dänemark“, schimpft Bischof über seinen Konkurrenten. Er ist im Vorstand der Naturstrom AG und produziert seinen Strom in eigener Regie in Deutschland – alles Anlagen, die jüngst neu errichtet wurden.

Nun tritt Yello nicht ausdrücklich als Ökostromer auf. Leider geht auch manch so genannter Ökoanbieter nach ähnlichem Muster vor: Sie kaufen günstigen Strom aus großen Wasserkraftwerken, den sie dann mit guten Profit als Ökostrom vermarkten.

Für den Kunden geht es dabei um die Frage, ob er nur eine weiße Weste haben oder etwas für die Energiewende tun will. Denn die großen Wasserkraftwerke in Österreich oder Norwegen gibt es schon lange. Sie produzieren konkurrenzlos billigen Strom und werden von Kunden abgenommen, denen egal ist, woher der Strom kommt. Wenn Kunden hier zu Lande diesen Strom kaufen, wird halt der dortige Energiemix etwas schmutziger. Auch normalen Stromversorger tricksen teilweise – und bieten nun den wenigen Ökostrom, den sie nach der Einspeiseverordnung ohnehin nehmen müssen und bisher normal im Energiemix hatten, extrateuer an. Der Rest kriegt schmutzigeren Strom für weniger Geld. Ein Nullsummenspiel.

Wer sicher sein will, dass er wirklich etwas für die Energiewende tut, sollte daher auf das „Grüner Strom Label“ achten. Die Gütesiegelinhaber verpflichten sich, in neue erneuerbare Energieanlagen zu investieren. Das Zertifikat wird von einem Zusammenschluss von Umweltverbänden, darunter BUND, Nabu, DNR, Eurosolar und die Verbraucherinitiative (VI) vergeben. Dieser Verein Grüner Strom Label überwacht die Einhaltung strenger Kriterien: Wer das Gütesiegel in Gold trägt, darf seinen Strom nur aus Wind, Sonne, Biomasse aus Ökoanbau, Geothermie oder kleinen Wasserkraftwerken beziehen. Die silberne Variante wird auch an Stromversorger verliehen, die maximal die Hälfte aus effizienten Kraft-Wärme-gekoppelten Kraftwerken beziehen. Die Firmen dürfen nicht selbst Atomkraftwerke betreiben oder mehrheitlich einem Atomkraftwerkbetreiber gehören.

„Sie haben sechs bis acht Pfennig Aufschlag auf den normalen Strompreis pro Kilowattstunde bei allen Anbietern, die nennenswert in neue Anlagen investieren“, erläutert Hermann Scheer, SPD-Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender des Label-Vereins. Schon daran könne man erkennen, wann ein selbst ernannter Ökostromanbieter unseriös sei.

Die ersten mit dem Gütesiegel ausgezeichneten Stromanbieter sind die Naturstrom AG, die 34,5 Pfennig pro Kilowattstunde verlangt, und die ASEW, ein Zusammenschluss von 18 Stadtwerken, die gegen einen Aufpreis von 8 Pfennig Ökostrom (Markenname „energreen“) an ihre Kunden liefern. Die Naturstrom AG arbeitet ebenfalls mit drei Stadtwerken zusammen. Sechs weitere Firmen haben das Grüner Strom Label beantragt. Matthias UrbachInfo: Grüner Strom Label (0228) 36 23 73Naturstrom AG (0211) 779 00-0ASEW (0221) 93 18 19-0