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■ Wie viel Strafe muss die CDU zahlen? Die mit Spannung erwartete Antwort auf diese Frage gab gestern der Bundestagspräsident Wolfgang Thierse: 41 Millionen Mark. Thierse findet sich hart, aber gerecht. Er hätte schließlich auch noch härter und gerechter sein könnenThierse straft mitten im Leben

Nein, er wolle die CDU nicht in den Ruin treiben, sagt Wolfgang Thierse. Vor den versammelten Journalisten in Berlin hatte der Bundestagspräsident zuvor verkündet, dass die CDU wegen ihres falschen Rechenschaftsberichts für das Jahr 1998 41 Millionen Mark an Staatszuschüssen zurückzahlen muss. Thierse, der jahrelang als Softie veräppelt wurde, wirkt dabei fest entschlossen. Nein, er habe bei dieser Entscheidung keinen Ermessensspielraum gehabt. Wer geglaubt hatte, der nette Herr Thierse werde Gnade vor Recht walten lassen, sah sich getäuscht. Der Moralist Thierse entschied nach dem Motto: Strafe muss sein. Er tat dies, „um das Rechtsvertrauen der Bürger zu bestätigen“.Denn: „Wenn durch meine Entscheidung der Eindruck entstünde, hier hackt eine Krähe der anderen kein Auge aus, wäre das verheerend.“

Thierse, Literaturwissenschaftler und Ex-Mitarbeiter im DDR-Kulturministerium, sieht sich in der Rolle des Vermittlers. Er erklärt seinen Landsleuten aus dem Osten immer wieder gerne, „dass die rechtsstaatliche Demokratie zu ihrem Funktionieren nicht die Tugendhaftigkeit der Bürger voraussetzt“, sondern Regeln aufstellt, „um mit den Schwächen und der Erbärmlichkeit der Menschen umzugehen“.

„Ossibär“, wie er von Parteikollegen genannt wird, hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. „So etwas wie der Spruch des weisen Königs Salomon“ werde von ihm verlangt, hatte er in den vergangenen Wochen vor Vertrauten geklagt.

Thierse weiß, dass er als SPD-Präsidiumsmitglied natürlich im Verdacht steht, die CDU aus parteipolitischen Gründen fertig machen zu wollen. Doch das wäre nicht die Art des schöngeistigen Germanisten mit dem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Natürlich sei es mit der Rückzahlung der 41 Millionen Mark noch nicht getan, so Thierse. Bei den anstehenden Entscheidungen über weitere Strafen (wegen illegaler Spenden und falscher Rechenschaftsberichte aus den Vorjahren) werde er aber „Fairness“ walten lassen und „das Gebot der Verhältnismäßigkeit“ wahren.

Thierse glaubt, dass das Auseinanderbrechen der CDU zum Erstarken der rechtsradikalen Parteien führen würde. Das will er auf keinen Fall. Deshalb wird er den Christdemokraten die fälligen Rückzahlungen stunden und auf drakonische Strafen verzichten. Er zeigt sogar Verständnis für die theatralischen Reaktionen aus den Reihen der Christdemokraten. CDU-Generalsekretärin Angela Merkel etwa hatte bezweifelt, das die Bundes-CDU für Fehler der hessischen Landespartei bestraft werden dürfe.

„Ich habe mir diese Rolle nicht ausgesucht und nicht gewünscht“, sagt Wolfgang Thierse, der gegen den ausdrücklichen Willen von Bundeskanzler Schröder Bundestagspräsident geworden ist. Er wollte den Job unbedingt haben, weil er gerne über den Parteien steht und geschliffene Reden über Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und die Stärkung des Parlamentarismus hält. Als er das zweithöchste Amt im Staate übernahm, konnte er nicht ahnen, dass er eines Tages über Gedeih und Verderb der CDU entscheiden würde.

Tina Stadlmayer

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