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Kontroverse um Gen-Check

Die Präimplantationsdiagnostik spaltet die Ärzteschaft. Heute will sich die Berliner Ärztekammer auf einem Symposium gegen einen entsprechenden Entwurf der Bundesärztekammer wehren

von SABINE AM ORDE

Die Berliner Ärztekammer macht gegen ihre Bundesvereinigung mobil. Am heutigen Dienstag lädt sie unter dem Titel „Ärzte als Wegbereiter der Embryonenselektion?“ zu einem Symposium über Präimplantationsdiagnostik (PID). Bei dieser Methode, die bislang in Deutschland nicht eingesetzt werden darf, werden im Reagenzglas gezeugte Embryos genetisch auf Erbkrankheiten untersucht – und landen dann je nach Ergebnis entweder im Mülleimer oder in der Gebärmutter.

Mit dem Symposium wenden sich die Berliner Ärzte gegen einen Richtlinienentwurf für den Umgang mit PID, den die Bundesärztekammer (BÄK) Ende Februar vorgestellt hat. Danach soll der genetische Check der Embryos zukünftig in engen Grenzen möglich sein. Mit diesem Papier ist die Berliner Ärztekammer nicht einverstanden. Hier befürchtet man, PID sei ein „erster Schritt in Embryonenforschung und Selektion“, wie es der Geschäftsführer der Ärztekammer, Gerhard Andersen, nennt.

Deshalb müsse man zuerst darüber reden, „ob PID mit den ethischen Vorstellungen des Ärzteberufs und der Gesellschaft generell vereinbar ist“. Diese Diskussion habe die Bundesärztekammer versäumt. Sie soll nun auf dem Berliner Symposium geführt werden.

Nach dem Vorschlag der BÄK soll Eltern mit schweren Erbkrankheiten die Zeugung im Reagenzglas mit anschließendem Gen-Check angeboten werden. Dabei trennen Mediziner dem Embryo im Achtzellerstadium eine Zelle ab, die dann genetisch untersucht wird. Der Embryo wird nur in den Mutterleib gepflanzt, wenn kein genetischer Defekt festgestellt wird. Nach Ansicht der BÄK ist PID, die in England, Belgien und anderen europäischen Ländern bereits angewendet wird, nach deutschem Recht zulässig.

Das Bundesgesundheitsministerium sowie Fachpolitiker aus Regierung und Opposition sehen das anders: Nach ihrer Ansicht ist PID durch das Embryonenschutzgesetz untersagt.

Die Berliner Ärztevertreter sind sauer über das Verfahren, mit dem die BÄK zu ihrem Richtlinienentwurf gekommen ist. Ohne die Länderkammern zuvor einzubeziehen, habe die BÄK die Ergebnisse einer von ihr eingesetzten Expertengruppe kurzfristig auf die Tagesordnung des Vorstandes gesetzt, sagt Andersen.

Der Vorstand, in dem auch die Landesärztekammern vertreten sind, sollte den Entwurf zustimmend zur Kenntnis nehmen. Aus dem Entwurf wäre ärztliches Standesrecht geworden, das für die Ärzte bindend ist. Das wollte die Berliner Ärztekammer verhindern. Ihr Präsident, Günther Jonitz, plädiert dafür, an diese Frage mit „größter Vorsicht“ heranzugehen. Schließlich sei mit der Methode auch die Bestimmung des Geschlechts und anderer Merkmale des Embryos möglich.

Jonitz opponierte schriftlich gegen die BÄK – mit einem kleinen Erfolg. Der Richtlinienentwurf wurde auf der Vorstandssitzung zwar behandelt, aber zum Diskussionspapier umdefiniert und als solcher im Anschluss öffentlich präsentiert. Inzwischen haben auch die Ärztekammern aus Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt das Vorgehen der BÄK kritisiert. Eine weitere Debatte steht an. Sie wird nicht nur auf dem heutigen Symposium, sondern auch im Mai auf einer Tagung des Gesundheitsministeriums geführt werden.

Zitat: „Die neue Technik ist der erste Schritt in Selektion und Embryonenforschung“

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