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Banker für grüne Vielfalt: Salatsamen statt Peanuts

Mit einem jährlichen Spendenaufkommen von 300.000 Mark stemmt sich der Saatgutfonds der GLS-Bank gegen das Artensterben bei Nahrungspflanzen

Ökologische Landwirtschaft und Biolebensmittel sind auf dem Vormarsch. Die Art und Weise des Anbaus ist dabei nur ein Aspekt: Relevant ist auch die Frage, welche Pflanzensorten denn eigentlich auf den Acker kommen.

Lange hat die Biolandbau-Bewegung – Praktiker wie Verbände – den konventionellen Saatgutfirmen das Züchten, Vermehren und den Handel von Saatgut überlassen. Forschung und praktische Arbeit auf Grundlage der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise wurden im Saatgutbereich nur an wenigen Stellen betrieben und konnten unter anderem auch aufgrund gesetzlicher Barrieren keine überregionale Bedeutung erlangen.

Das Ergebniss: „Die Vielfalt unserer Nahrungspflanzen ist bedroht. Technisierung der Landwirtschaft, Agrochemie, Zersiedlung, Umweltverschmutzung und eine einseitig ertragsorientierte Züchtung haben dazu geführt, dass die Sortenvielfalt der Nahrungspflanzen allein in den vergangenen 40 Jahren in Europa um mehr als 70 Prozent zurückgegangen ist“, warnt Cornelia Roeckl, Mitarbeiterin der Gemeinnützigen Treuhandstelle e. V., die dieser Entwicklung mit einem Saatgutfonds entgegenarbeitet. Der Fonds arbeitet eng mit der GLS Gemeinschaftsbank eG zusammen, die in großem Umfang anthroposophische Projekte fördert. Die jährliche Spendenhöhe beläuft sich auf etwa 300.000 Mark. Welche Projekte gefördert werden, entscheidet ein Treuhänderkreis.

Unterstützt wird mit diesem Fonds unter anderem der gemeinnützige Verein zur Förderung der biologisch-dynamischen Gemüsesaatzucht – kurz „Kultursaat“ – in Bingenheim. Bei den hier angewandten ökologischen Zuchtmethoden wird nicht nur konsequent auf den Einsatz von Gentechnik verzichtet. Auch von der seit Jahrzehnten verbreiteten Hybridzüchtung unterscheidet sich die Herangehensweise deutlich: So genannte samenfeste Getreide- und Gemüsesorten werden bei der Zucht vermehrt. Deren Samen bringen wiederum Pflanzen hervor, die denen der Elterngeneration gleicht. Sie können über mehrere Generationen verwendet werden. „Beim Hybridverfahren hingegen ist die Züchtung von ähnlichen Nachfahren nicht möglich. Es wurde in den USA entwickelt, da es dort keinen Sortenschutz gibt“, erläutert Heinze.

Kultursaat arbeitet eng mit dem „Initiativkreis für Gemüsesaat aus biologisch-dynamischem Anbau“ zusammen, der sich aus Mitgliedsbetrieben von Demeter-, Bioland- und anderen ökologischen Anbauverbänden zusammensetzt. Vor fünfzehn Jahren traten dessen damals 15 Mitglieder gleichzeitig mit der Zielsetzung an, ein möglichst umfangreiches Sortiment an Gemüse-, Kräuter- und Blumensaat aus biologischer Vermehrung in erster Linie für den Erwerbsgartenbau anzubieten.

Für die Aufarbeitung des Saatguts konnte in der anthroposophischen Behinderteneinrichtung „Lebensgemeinschaft Bingenheim“ ein zentraler Ort gefunden werden. Landwirte und Gärtner, die ihr Saatgut in ökologischen Betrieben gewinnen, vermehren dieses, um es dann in die Saatgutwerkstatt zu bringen. Hier kümmern sich zehn Mitarbeiter und sieben Betreute um alle anfallenden Arbeiten. Das Saatgut wird von Erde, Stängeln und Blättern befreit und dann gesiebt. LARS KLAASSEN

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