: Aus der Welt der Presse
Der Journalist als Groupie
Es war wie bei einem Rockkonzert. Die Männer schubsten, die Frauen kreischten, die Ordner versuchten vergeblich, die Masse aufzuhalten. Vergebens. Rund 200 Journalisten wollten IHN sehen und seine Aussagen vor dem Ausschuss hören. Helmut Kohl bekam noch einmal die Aura eines Popstars.
Bereits um sieben Uhr hatten sich die ersten Journalisten vor dem Vernehmungssaal in der Katholischen Akademie in Berlin postiert. Um zehn Uhr sollte Kohl erscheinen. Nur 90 Plätze sind für Journalisten reserviert. Um halb neun öffneten die Sicherheitsleute die Tür, die Journalisten benahmen sich wie Groupies. Als 90 von ihnen, leicht verschwitzt und zerquetscht, im Saal sind, wird die Tür geschlossen. Nachdem alle ihre Sitzplätze markiert haben, müssen sie den Saal verlassen. Die Kollegen, die von vornherein draußen bleiben mussten (unter anderen die von der Bild-Zeitung), protestierten erfolgreich: Es könne nicht sein, dass einige Redaktionen mit drei Kollegen im Saal säßen, während andere ganz leer ausgingen. Also alles wieder von vorn: Jede Redaktion erhält eine Pressekarte. Letzte verzweifelte Ausrufe der Draußengebliebenen: „Was will denn die Braunschweiger Zeitung da drin?“ J.K.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen