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Clever überwachen: Telekom

Mit neuer Rückruffunktion werden alle T-Kunden gläsern. Verbraucherschützer halten das Komfortmerkmal für überflüssig und gefährlich. Datenschutzbeauftragte haben Bedenken. Das Unternehmen dagegen sieht bisher keinen Handlungsbedarf

von MATTHIAS SPITTMANN

Klammheimlich hat die Deutsche Telekom ein neues Komfortmerkmal beim Telefonieren auf den Markt gebracht, das alle Telekom-Kunden überwachbar macht. Für 2,50 Mark im Monat überwacht der rosa Riese jeden seiner Kunden und berichtet dem Auftraggeber sofort, wenn die Zielperson telefoniert. Verbraucherschützer kritisieren die Funktion als „überflüssig und gefährlich“.

Die Ende 1999 eingeführte und bisher auffällig verschwiegene Funktion heißt „Rückruf bei Nichtmelden“ und kann zu jedem ISDN-Anschluss bei der Telekom bestellt werden. Ein Beispiel: Der Chef will seinen Mitarbeiter X anrufen, aber der hebt nicht ab. Wenn der Chef wissen will, wann X wieder zurück ist und telefoniert, drückt er *10# und aktiviert so den automatischen Rückruf. Sobald X wieder telefoniert und den Hörer aufgelegt hat, klingelt beim Chef das Telefon. Wenn der abnimmt, wählt sein Telefon automatisch die Nummer von X. Nimmt der Chef nicht ab, weiß er, dass X wieder da ist, ohne dass der etwas davon mitbekommt.

Peter Büttgen, beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz für den Bereich Telekommunikation zuständig, hat „auf den ersten Blick Bedenken“. Das Komfortmerkmal sei bisher aber nicht genauer geprüft worden. Im Juni und Juli habe es zwei Beschwerden gegeben. Die Telekom sei deswegen um eine Stellungnahme gebeten worden, die aber noch nicht vorliege. Auch seine Länderkollegen haben Bedenken, sagt Büttgen. Da die Funktion aber nur drei Stunden aktiv sei, halte er die Sache datenschutzrechtlich für unproblematisch. Sein Wunsch ist dennoch, dass jeder Telefon-Inhaber entscheiden kann, ob er automatische Rückrufe akzeptieren möchte. Tobias Brönneke, Hausjurist der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände, findet klarere Worte: „Das ist ein Unding.“ Er fordert: Nur wenn der Angerufene sich ausdrücklich für die Rückruf-Funktion entschieden hat, soll sie aktiviert sein.

Die Telekom sieht keinen Bedarf, die Rückruffunktion abschaltbar zu machen – „schon aufgrund mangelnden Kundeninteresses“, wie Telekom-Sprecher Walter Genz sagt. Nicht verwunderlich, dass sich niemand beschwert: Kaum jemand kennt die Funktion, geschweige denn weiß, wie sie anzuwenden ist. Und der Rest ist wahrscheinlich froh darüber, weil er ungestört weiter überwachen kann.

Wer sein Telefonverhalten nicht überwachen lassen will, muss sich mit Tricks behelfen: Ein Anrufbeantworter, der nach dem ersten Klingeln rangeht, macht es dem Anrufer zumindest schwer, einen Rückruf einzuleiten. Wer einen ISDN-Anschluss hat, kann seine abgehenden Anrufe über eine geheime zusätzliche Rufnummer abwickeln – der Rückruf bezieht sich immer nur auf eine einzelne Nummer, nicht auf den kompletten Anschluss. Wem das zu aufwendig ist, der wechselt vollständig zu einem anderen Netzbetreiber: Der Rückruf funktioniert nicht über die Anbietergrenzen hinweg.

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