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Kinderpflegerin mit Knarre

■ Weil Uniform nicht jeder hat: Die ersten Frauen traten gestern Dienst bei der Marine an. Unterwäsche dürfen sie selber kaufen

Neun Rekrutinnen sind gestern Nachmittag in der Kaserne der Marineversorgungsschule auf Sylt eingetroffen. Sie sind die ersten Frauen, die hier ihren bewaffneten Dienst in der Bundeswehrmarine antreten. Nach einer Grundgesetzänderung aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs dürfen seit 1. Januar Frauen freiwillig Dienst an der Waffe leisten. Bisher waren Frauen bei der Bundeswehr ausschließlich im Sanitäts- und Militärmusikdienst zugelassen.

Von ihrer Ausbildung bei der Bundeswehr erwarten die jungen Rekrutinnen vor allem einen sicheren Arbeitsplatz mit guten Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten. „Ich wünsche mir eine abwechslungsreiche Aufgabe und möchte meine Berufsaussichten für die Zukunft verbessern“, sagt die 17-jährige Nadine Swetik. Nach ihrem Realschulabschluß hat sich die Frau aus Sachsen-Anhalt für vier Jahre bei der Marine verpflichtet. „Für Schiffe habe ich mich schon als Kind interessiert, und ich würde später gerne zur See fahren.“ Davon kann sie auch die Aussicht auf ein strenges Kasernenleben nicht abhalten. Auf Schmuck und Schminke, im Dienst verboten, legt sie keinen großen Wert, und lange Märsche mit Gepäck sieht sie als sportliche Herausforderung.

„Wenn man es muß, dann kann man es“, hat sich auch die 18-Jährige Marianne Thies aus Celle zum Motto gemacht. Trotz eines tränenreichen Abschieds von Freunden und Familie geht die ausgebildete Kinderpflegerin hoch motiviert an ihre neue Aufgabe heran und freut sich sogar auf ihre Uniform: „Das ist schick, und das hat nicht jeder.“ Zusätzlich zu ihrer Alltagsuniform bekommen die Frauen einen Zuschuß, mit dem sie eine Handtasche, Schuhe für die Ausgehuniform und Unterwäsche kaufen sollen.

In den ersten drei Monaten erwartet die Rekrutinnen die übliche militärische Grundausbildung. „Später werden sie zum Teil auf See eingesetzt und können auch zu Kriseneinsätzen ins Ausland geschickt werden“, sagt Kasernen-Kommandeur Braunmiller.

Vorsichtshalber haben sich die Ausbildungsoffiziere in Integrationsseminaren der Bundeswehr auf den Umgang mit den Rekrutinnen vorbereitet. Für das Zusammenleben in der Kaserne gelten klare Verhaltensregeln: „Gegenseitige Besuche auf den Stuben sind erlaubt, aber wir akzeptieren keine offenen Liebschaften innerhalb der Kaserne“, sagt Ausbildungsoffizier Dieter Hirsch. Vivien Rehder

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