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Grüner Kollateralschaden

Joschka Fischers Verständnis für Luftschläge gegen den Irak stößt in seiner Partei auf Unverständnis. Parteichef Fritz Kuhn: Es gibt zwar Besorgnisse, aber keine Empörung

BERLIN taz ■ Die Debatte um die militante Vergangenheit Joschka Fischers hatte den grünen Außenminister mit seiner Partei gerade wieder versöhnt, da droht das Einvernehmen erneut zu zerbrechen. Die verständnisvolle Haltung Fischers zu den jüngsten US-Luftangriffen gegen den Irak stößt in seiner Partei zum Teil auf heftige Ablehnung. Umweltminister Jürgen Trittin sagte gestern, ihn hätten eine „Reihe von Anrufen aus der Partei“ erreicht von Leuten, die Fischers Haltung mit Verwunderung und teilweise auch Empörung zur Kenntnis genommen hätten. Der Außenminister hatte in Washington gesagt, Deutschland habe die USA wegen der Luftangriffe nicht zu kritisieren.

Die Führung der Grünen versuchte, den Konflikt herunterzuspielen. Parteichef Fritz Kuhn sieht keinen Grund, sich von Fischer zu distanzieren. Es gebe in der Partei zwar Besorgnisse, ob mit militärischen Mitteln die Durchsetzung der UN-Resolution gegen den Irak erreicht werden könne, räumte Kuhn gegenüber der taz ein. Man müsse aber auch positiv bewerten, dass sich die US-Regierung bei den Gesprächen mit Fischer für eine politische Lösung des Irak-Konflikts ausgesprochen habe, sagte Kuhn, der zuvor mit Fischer in Washington telefoniert hatte. Der Parteichef betonte außerdem, dass die Aufrüstungspolitik Saddam Husseins die Lage im Irak destabilisiert habe.

Empörung über Fischers Haltung gebe es in der Partei nicht, meinte Kuhn. „Man muss die Kirche auch im Dorf lassen“, sagte er der taz. Kuhn kündigte an, dass es Ende der Woche ein Gespräch der Partei mit dem Außenminister geben werde, wenn dieser aus Washington zurück sei. Aus diesem Grund äußerten sich gestern auch die grünen Fraktionschefs Kerstin Müller und Rezzo Schlauch nicht zu dem Vorgang.

Trittin wollte Fischers Haltung ebenfalls nicht kommentieren, ohne mit ihm vorher gesprochen zu haben. Auch die designierte Parteichefin Claudia Roth hielt sich mit öffentlicher Kritik zurück. Allerdings ließ sie mitteilen, sie bleibe bei ihrer Position, dass Bomben auf den Irak nicht das richtige Mittel seien. Deutlicher wurde Angelika Beer. Die Grünen verurteilten den Luftschlag, sagte die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünenfraktion. Es gebe keinen Grund, diese Haltung zu revidieren. Zu Fischers USA-Besuch sagte sie, der Außenminister habe selbst zu entscheiden, wie er sich gegenüber den Bündnispartnern präsentiere. JENS KÖNIG

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