piwik no script img

rente, familie, dorisSchröder, der Alles-Kanzler

Nur mal so, spaßeshalber: Was haben Sie diese Woche gemacht?

So, und jetzt vergleichen Sie mal mit dem Kanzler: Kindergeld erhöht, Cousinen im Osten wiedergefunden, Bund-Länder-Finanzausgleich geregelt, Erziehungsdebatte durch seine Frau Doris angestoßen, Solidarpakt II mit den Ost-Ländern festgeklopft, Rentenreform durchgebracht, Bayern München ins Champions-League-Finale . . .

Kommentarvon JENS KÖNIG

Na gut, das mit München war jetzt ein fieser Angriff auf Stoiber. Aber alles andere kann Schröder für sich verbuchen. Dabei liegt das Beeindruckende dieser Schröder-Woche nicht im schieren Arbeitspensum, auch nicht in der Fähigkeit des Kanzlers, die Themen nach Belieben zu setzen und der Opposition alle Angriffsflächen zu rauben – es ist die Virtuosität, mit der Schröder das Wichtige mit dem Unwichtigen verbindet, das Geplante mit dem Zufälligen, die Politik mit dem Boulevard. Das Kindergeld wäre nur die Hälfte wert, wenn Doris in Bild nicht bewiesen hätte, dass es bei Schröders daheim zugeht wie in anderen Familien auch. Und die private Wiedervereinigung des Kanzlers mit seinen Cousinen bringt im Osten emotional mehr Punkte als seine ganze Chefsache.

Machttechnisch hat er alles im Griff. Selbst die Konservativen beeindruckt das. Schröder ist Alleinherrscher. Volkskanzler. Mensch. Er ist neue Mitte und alte Mitte. Und trotzdem wirkt Schröder mit seiner Regierung anfällig. Das liegt noch am wenigsten daran, dass die Mediendemokratie leicht erregbar ist und heute keiner weiß, was morgen ist. Schröder kann einfach nicht sagen, was seine Politik im Kern ausmacht. Modernisierung – schön und gut, aber welche? Ökonomische? Soziale? Ökologische? Die rot-grünen Reformen geben keine Antwort darauf, sie sind oft nur halbherzig. Schröder fehlt die klare Botschaft. 1998 hieß sie: mehr Gerechtigkeit. Und heute?

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen