: Hochhäuser sind sexy – in Utbremen
■ Gutachter Marg legt seine Auffassung über Hochhäuser in Bremen vor: Auf keinen Fall in der Innenstadt. Der politische Streit um die Aufstockung um das Siemens-Hauses geht weiter
Der von der Bremer Bausenatorin beauftragte Gutachter, der Aachener Architektur-Professor Prof. Volkwin Marg, wird sich in seinem Gutachten gegen das Hochhaus-Projekt am Bahnhofsvorplatz und die Aufstockung des Siemens-Hauses aussprechen. Das geht aus dem Entwurf zu dem Gutachten hervor. Für Marg passen Hochhäuser nicht in das historisch gewachsene Stadtprofil. In einer Diskussion im vergangenen Herbst hatte er in Bremen schon einmal deutlich gemacht, dass er speziell das Siemens-Hochhaus als „Beschädigung der Silhouette“ empfindet und eher für einen Abriss als für einen Aufbau plädieren würde.
In seinem Gutachten hat er seine Distanz zur der Hochhaus-Thematik so ausgedrückt: „Weil die Erektion eines Hochhauses in einer kapitalgläubig geprägten Gesellschaft finanzielle Potenz signalisiert, erfährt es in vordergründiger Betrachtungsweise die architektonische Bedeutung wirtschaftlicher Vitalität.“ Ähnlich wie Paris mit La Défense und Berlin mit dem Potsdamer Platz dürfe Bremen höchstens am Utbremer Rand in der Nähe des Bundeswehr-Hochhauses ein Hochhaus-Ensemble erlauben – „bei Bedarf“. Seit bald zehn Jahren wird unter dem Etikett „Promotion-Park“ die Idee einer neuen Büro-Stadt begutachtet, die im Bereich nicht mehr genutzter Bahngleise zwischen Überseemuseeum und Utbremer Kreisel entstehen könnte. Bisher hat die Bahn die Grundstücke aber noch nicht freigegeben und es gibt genügend andere attraktive Büro-Bauflächen in der Bremer Innenstadt, „Promotion-Park“ ist daher nicht über den Status eines Stapels von Papieren hinausgekommen. Noch theoretischer ist die Frage, ob dort irgendwann Hochhaus-Flächen zu vermieten sind. Das Siemens-Hochhaus ist eine „hochattraktive Lage“, sagt der Geschäftsführer der Firma Zechbau, Wolfart Voigt, mit dem Ende des „Promotion-Parks“ am Utbremer Kreisel habe man sich noch nicht beschäftigt. Zechbau habe weiterhin Interesse an dem Siemenshaus-Aufbau.
Die Bausenatorin Christine Wischer den Marg-Expertise begrüßt, aber gleichzeitig festgestellt, dass die fachkundige Meinung des Gutachters nicht die politische Entscheidungen ersetzt. Deutlich ist aber, dass das Gutachten die Position ihres Stadtplanungsamtes unterstützt, im Sichtbereich des Bremer Doms keine überragenden Bauwerke zu genehmigen. Unzufrieden ist die Bausenatorin damit, dass der Gutachter für das Dilemma am Bahnhofsvorplatz, den seit Monaten tausend Fahrradbügel zieren, keine Vorschläge macht. Die Stadt hat erwartete Erlöse aus dem Grundstücks-Verkauf auf dem Bahnhofsplatz in Höhe von 25 Millionen Mark schon ausgegeben – für diese Summe war das Grundstück aber bisher nicht zu verkaufen. Nur über ein Hochhaus wäre der Grundstückspreis zu erzielen.
Der Architekt Thomas Klumpp, der für die Zechbau-Gruppe die erste Skizze für eine Aufstockung des Siemens-Hauses entworfen hat, ist von dem Marg-Gutachten nicht erschüttert. Wenn man einen konservativen Architekten um Rat fragem, bekommen man den eben, erklärte er. „Für mich als Architekten wäre die Aufstockung des Siemens-Hochhauses eine Chance für Bremen“, sagt er nach wie vor, ein repräsentatiuver Bau würde das „Image“ Bremens heben: „Gucken Sie mal, was Sie sehen, wenn Sie in Bremen aus dem Zug steigen und und ein paar Schritte aus dem Bahnhof herausgehen“, ist seine Begründung. Sorgen, dass die 5.000 Quadratmeter in schwindelnder Höhe nicht vermietbar sein könnten, hat Klumpp nicht. Das sei eine „sehr interessante Lage“, die einen großartigen Blick biete. „Sie können von da die Flugzeuge starten sehen...“ Ein Café soll nach seinen Plänen den Ausblick auch für die Bremer und ihre touristischen Besucher ermöglichen. K.W.
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