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Im Wesentlichen nach vorne blicken

Arbeitslosenverein unter kirchlicher Leitung. Promis verurteilen Kampagne  ■ Von Kai von Appen

Der in Schlagzeilen geratene „Verein zur Betreuung der Arbeitslosen und -selbsthilfegruppen“ hat christlichen Beistand bekommen. Pastor Hans-Jürgen Buhl, der Leiter des „Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt“ (KDA), ist vom Vorstand zum „kommissarischen Geschäftsführer“ berufen worden. „Seine Aufgabe wird im Wesentlichen darin bestehen, nach vorne zu blicken“, sagt der Vereinsvorsitzende und DGB-Chef Erhard Pumm. Für den Job bringt der 46-Jährige Erfahrungen vom KDA mit, deren Ziel es ist, „Menschen in der Arbeitswelt zu begleiten“. Buhl löst Helmuth Dieckwisch ab, der wegen des Ermittlungsverfahren wegen Subventionsbetruges vorübergehend von seinen Aufgaben beurlaubt worden ist.

Der Verein strebt nach den Ankündigungen von Sozialbehörde und Arbeitsamt, die Zuwendungen wegen der so genannten „Lachsbrötchen-Affäre“ einzustellen, eine Übereinstimmung an, bekräftigt Pumm, „am liebsten eine einvernehmliche Lösung“. Buhl hat nach eigenen Angaben dem Wunsch, ad hoc die Geschäftsführung zu übernehmen, entsprochen, weil es da-rum gehe, im wahlkampfgeprägten Medienwirbel „einer sinnvollen Einrichtung, die sich Betreuung und Beratung auf die Fahne geschrieben hat, weiterzuhelfen“. Dabei untermauert der Pastor: „Das hat nichts mit Filz zu tun.“ Er möchte noch heute Gespräche mit dem Arbeitsamt und der Sozialbehörde führen und danach mit den Mitarbeitern sprechen, damit „diese Zitterpartie ein Ende hat“.

Bei den Verhandlungen werde es auch um das Prinzip der Eigeneinnahmen gehen – im Falle des Vereins um den Brötchenservice für DGB-Sitzungen. „Das ist eigentlich nichts Unübliches, es war vielleicht nur in dieser Situation nicht glücklich“, betont Buhl.

Er wird das Amt nur übergangsweise übernehmen. „Ziel soll es sein, dass die Beratung im Hause bleibt, in welcher Konstellation auch immer“, hofft Pumm. „Allerdings nicht um jeden Preis“, fügt Buhl hinzu. Denkbar wäre auch ein neues Vereinskonstrukt oder sogar ein neuer Träger. Schon jetzt hat sich die Diakonie als Nachfolger angeboten.

„Ich finde, an der Berichterstattung war erschreckend, dass ein Mensch so herausgepickt wurde,“ beklagt der Pastor sich gestern über die Medien. Ins gleiche Horn blasen auch Hamburger Persönlichenkeiten – von Bischöfin Maria Jepsen, Weihbischof Hans-Jochen Jaschke über Unipräses Jürgen Lüthje bis hin zu HWP-Chefin Dorothee Bittscheid – und gaben für Pumm eine Ehrenerklärung ab. Auch Staatsanwaltschaftsprecher Rüdiger Bagger stellt den Fall mittlerweile in Relation: Nach der spektakulären Aktenrazzia ist bei den Ermittlern nun „Ruhe“ eingetreten. „Der Fall mag zwar in den Medien ein Politikum sein, für uns beginnen ganz normale Ermittlungen“, erklärt Bagger, „Wir müssen erstmal prüfen, ob überhaupt strafrechtlich etwas Relevantes vorliegt.“

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