: Bremen wollte die „Beginen“ nicht
■ Beginen haben „keinen Pfennig seitens der Öffentlichen Hand erhalten“. Das Wirtschaftsressort führte sie in die Sackgasse
Vor einigen Wochen war Bremens Bürgermeister Henning Scherf noch „verliebt ins Gelingen“, gestern ging er auf Distanz zu dem Expo-Projekt Beginenhof, mit dem Bremen seit bald zwei Jahren schöne Schlagzeilen macht. War es wirklich nur die „Blauäugigkeit“ der Beginen und fehlender Sachverstand, der zur Pleite des Vorzeigeprojektes geführt hat?
Es gibt auch eine andere Wahrheit. „Bisher haben wir keinen Pfennig seitens der Öffentlichen Hand erhalten“, beklagte sich die Beginen-Vorstandsfrau Erika Riemer-Noltenius im Juni im Weser Report. Das stimmt nicht ganz: 10.000 Mark hatten die Beginen vom Beirat Neustadt erhalten. Aber mehr wirklich nicht. Wenn man dies vergleicht mit den Summen, die Bremen für andere Expo-Projekte wie zum Beispiel das St.Jacobi-Packhaus ausgegeben hat, ist das schon erstaunlich.
Auf ihre öffentliche Klage hin bekam Riemer-Noltenius einen Brief von Staatsrat Uwe Färber aus dem Wirtschaftsressort. „Völlig untragbar“ sei die Äußerung. „Blauäugigkeit“ wirft der Wirtschaftsstaatsrat den Beginen vor. „Ich bitte Sie dringend, von weiteren Äußerungen dieser Art – insbesondere in der Öffentlichkeit – Abstand zu nehmen.“
„Bitte legen Sie mir dar, worin die Hilfe und die Unterstützung des Wirtschaftsressorts lag“, antwortete Riemer-Noltenius empört, „mir fällt nichts dazu ein“. Und weiter: „Wir haben internationale Anerkennung gefunden und damit das Image Bremens in der Welt gehoben“, aber Unterstützung durch die Landesregierung – Fehlanzeige.
Der bitterböse Briefswechsel hat seine Vorgeschichte. Am 20.10.2000 hatte der Beginenhof schon einmal einen Brief von Staatsrat Färber bekommen. „Ich habe Ihren Antrag in meinem Ressort prüfen lassen. Im Ergebnis ist Ihr Vorhaben nach den Kriterien des EU-Programms Ziel-2 grundsätzlich förderfähig“, schreibt der Staatsrat. Man müsse nur eine „Sondergenehmigung“ der EU beantragen, da bisher die Ziel-2-Förderung nur für Huckelriede gelte, nicht für das benachbarte Buntentor-Viertel. Färber über die Sondergenehmigung: „Erfahrungsgemäß kann eine Entscheidung hierüber mehrere Monate dauern.“ Karin Jöns, die Bremer Europaabgeordnete, erklärte dazu: „Es bedurfte im Falle des Beginenhofes keiner Ausnahmeregelung aus Brüssel. Die Entscheidung darüber, ob ein Projekt, das an das eigentliche Fördergebiet grenzt, mit den zur Verfügung stehenden EU-Geldern gefördert werden soll, trifft allein der Wirtschaftssenator, der die Regionalfonds-Gelder verwaltet. Die Kommission überprüft erst dann, ob die Projekte tatsächlich den inhaltlichen Kriterien und sonstigen Anforderungen genügen.“
Der Wirtschaftssenator hätte also die von ihm im Jahre 2000 in Aussicht gestellten 7,5 Millionen Mark bewilligen können, die die Beginen in ihren Finanzplan schon fest eingerechnet hatten – und es wie bei anderen Projekten der Wirtschaftsförderung auf einen nachträglichen Streit mit der EU ankommen lassen können. Am 5. Februar 2001 erklärte der Staatsrat gegenüber dem Beginenhof aber, der Wirtschaftssenator wolle das Risiko einer „eventuellen Rückzahlungsforderung der angedachten EU-Gelder“ nicht tragen.
Sechs Wochen später wird auf einer Krisensitzung bei den Beginen erstmals über den drohenden Insolvenzantrag geredet.
Und wieso konnten die Beginen, die in der Antrags-Bürokratie gänzlich unerfahren sind, sich auf den EU-Topf der Ziel-2-Gelder fixieren? Das ist ihnen vom Wirtschaftsressort so geraten worden: Seit November 1998 suchten die Beginen dort guten Rat und Hilfe. K.W.
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