piwik no script img

Aussage bekräftigt

RZ-Prozess: Bundesanwaltschaft versucht vergeblich, Aussage gegen ihren Kronzeugen zu erschüttern

Im Prozess gegen fünf mutmaßliche Mitglieder der „Revolutionären Zellen“ (RZ) hat die früheren Lebensgefährtin des Kronzeugen Tarek Mousli gestern bekräftigt, dass Mousli der Schütze beim Knieschussattentat auf den Bundesverwaltungsrichter Korbmacher im Jahr 1987 gewesen sei. „Ich erinnere mich genau, er hat gesagt, er habe auf den Richter geschossen“, so die Zeugin.

Vor Gericht hatte Mousli ausgesagt, er habe zum Zeitpunkt der Schüsse in einer konspirativen Wohnung in Kreuzberg den Polizeifunk abgehört. Die Bundesanwaltschaft (BAW) setzte alles daran, die Zeugin von dieser Aussage abzubringen. Dabei stützte sie sich auf die Äußerung der Zeugin, sie sei sich zwar ihrer Erinnerung über die Selbstbezichtigung Mouslis sicher, gleichwohl könne sie nicht „mit tausendprozentiger Sicherheit, zumal vor einem Gericht“ sagen, ob Mousli wirklich geschossen habe. Schließlich sei sie bei der Tat selbst nicht dabei gewesen.

Erstmal sah sich die Vorsitzende Richterin Gisela Hennig veranlasst, die BAW in die Schranken zu verweisen. „Dass sich die Zeugin sicher ist, dass Mousli ihr gesagt hat, er hat geschossen, ist doch nun wirklich bekannt“, fiel die Richterin Bundesanwalt Homann ins Wort.

Einer der Verteidiger erklärte, durch die Aussagen von Karmen T. habe sich der Verdacht erhärtet, dass Mousli „uns ständig belügt“. Der BAW warf er vor, dass sie wegen des „architektonischen Aufbaus eines Kronzeugen-Fundaments“ eine Weiterverfolgung der Aussagen von Karmen T. fallen gelassen habe, obwohl sie zu einem früheren Zeitpunkt ihre Aussagen als „besonders glaubwürdig und präzise“ eingestuft habe.

Ein bezeichnendes Licht auf das Verhalten der BAW wirft auch das fortdauernde rechtwidrige Vorenthalten und Unterschlagen von Beweismaterial. Durch Recherchen der Verteidigung wurde bekannt, dass die BAW die Existenz von 955 Kassetten bislang verschwiegen hatte,. Sie dokumentieren die Überwachung von verschiedenen Telefonanschlüssen des Kronzeugen. Diese Telefonüberwachung fand zudem in einem Zeitraum statt, für den Bundesanwalt Homann sogar schriftlich die Durchführung solcher Maßnahmen verneint hatte. Um ihr die Sichtung dieses Materials zu ermöglichen, forderte die Verteidigung die Aussetzung der Hauptverhandlung und die Entlassung der Angeklagten aus der Untersuchungshaft. Über den Antrag will das Gericht am kommenden Donnerstag entscheiden. MARTIN BECK

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen