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Ampel vor dem Ausfall

Vor Beginn der neuen Sondierungsrunde stehen in der SPD die Signale auf Rot-Rot. Als letzte Hürde gilt das Abstimmungsverhalten Berlins im Bundesrat. Die PDS beharrt auf ihrem Mitspracherecht

von ANDREAS SPANNBAUER

Unmittelbar vor der Fortsetzung der Sondierungsgespräche über die Senatsbildung sind die Chancen für eine rot-rote Koalition gestiegen. Als Hindernis für eine Einigung zwischen SPD und PDS auf die Aufnahme von Koalitionsgesprächen wurde in SPD-Kreisen am Sonntag in erster Linie das Abstimmungsverhalten eines rot-roten Senats im Bundesrat genannt. Die Sozialdemokraten könnten in der aktuellen weltpolitischen Situation die Bundesebene nicht außen vor lassen, hieß es.

Die Sondierungsgespräche sollen am heutigen Montag vertieft werden. Am Vormittag ist zunächst ein Gespräch mit Grünen und FDP vorgesehen, bei dem erstmals auch beide kleineren Partner einer Ampelkonstellation aufeinander treffen sollen. Im Anschluss sind Gespräche mit der PDS geplant. Am Abend wird der SPD-Landesvorstand über die Ergebnisse beraten. Ob dabei bereits ein Beschluss darüber fallen wird, mit wem die Sozialdemokraten Koalitionsverhandlungen aufnehmen werden, ist noch nicht absehbar.

Eine Entscheidung für die eine oder andere Option hat im SPD-Landesvorstand bisher niemand getroffen. Gleichwohl mehren sich die Stimmen in der SPD, die ein Bündnis mit der PDS einer Ampelkoalition mit FDP und Grünen vorziehen. So wird den Postkommunisten in der Frage der Haushaltskonsolidierung eine „sehr große Nähe zur Sozialdemokratie“ attestiert. Allerdings müsse die PDS verbindliche Zusagen für die geplante Reduzierung der Nettoneuverschuldung bis 2009 treffen.

Im Hinblick auf die Stabilität einer Regierung wird in SPD-Kreisen ebenfalls ein rot-roter Senat bevorzugt. Ein Bündnis mit der PDS würde über eine Mehrheit von vier, eine Ampelkoalition lediglich über eine Mehrheit von zwei Stimmen verfügen. Als weiterer Unsicherheitsfaktor wird zudem die Bereitschaft der Grünen angesehen, sich dauerhaft mit der FDP zu einigen. Die Grünen wüssten nicht, was sie wollen, hieß es aus der SPD. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit bekräftigte erneut seine Forderung nach einem „stabilen Senat, der fünf Jahre hält“.

Die Jusos riefen in einer Resolution am Wochenende zu „sofortigen Koalitionsgesprächen mit der PDS“ auf. Nach dem Mut zum Bruch der großen Koalition dürfe die SPD jetzt „nicht auf halbem Wege stehen bleiben“. Im Ostteil der Stadt sind die Sozialdemokraten dagegen noch gespalten. Während die Kreisverbände Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf ein rot-rotes Bündnis befürworten, spricht sich der Kreisverband Treptow-Köpenick für die Ampel aus. Der stellvertretende Landesvorsitzende Sven Vollrath, der sich bisher reserviert gegenüber einem Zusammengehen mit der PDS zeigt, betonte allerdings, er sehe in der Ost-SPD „nicht mehr so viele Vorbehalte gegen die PDS wie vor der Wahl“. Der ostdeutsche SPD-Politiker Stephan Hilsberg warnte dagegen in einem offenen Brief vor einer PDS-Regierungsbeteiligung.

Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte am Samstag einen Bericht des Spiegels dementieren lassen, wonach er von seiner Forderung nach einer Ampelkoalition abgerückt sei. Das Magazin hatte berichtet, für den Kanzler sei inzwischen lediglich entscheidend, dass die SPD das Abstimmungsverhalten im Bundesrat kontrollieren könne.

Offiziell weist die PDS diese Forderung bisher zurück. „Eine Politik im Bundesrat, die allein von der SPD gemacht wird, wird es mit uns nicht geben“, sagte der Fraktionschef Harald Wolf. Über „alles andere“ könne verhandelt werden. Zuvor hatte auch Gysi in der Bundesratsfrage Verhandlungsspielraum gesehen.

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