: Coca-Cola isn‘t it
Zuckerkranker Richter will von Coca-Cola Schmerzensgeld, weil das Getränk an seiner Krankheit mitschuld sei. Verfahren begann gestern. Urteilsverkündung wurde auf Dezember vertagt
von BARBARA DRIBBUSCH
Für wie doof muss ein Hersteller Konsumenten halten? Die Frage beschäftigte schon viele Gerichte. In den USA forderte beispielsweise ein Verbraucher nach leidvoller Erfahrung, dass auf Mikrowellengeräten ein Warnhinweis angebracht werden müsse, nicht etwa nasse Haustiere in dem Gerät trocknen zu wollen. Vor dem Landgericht Essen begann gestern ein Verfahren, das an amerikanische Verhältnisse erinnert: Ein zuckerkranker Richter fordert von Coca-Cola Schmerzensgeld, weil die braune Süßbrühe für seine Erkrankung mitverantwortlich sei.
Der 45-jährige Hans Josef Brinkmann aus Neubrandenburg will von dem Getränkehersteller Coca-Cola Deutschland 11.000 Mark Schmerzensgeld. Gegen den Süßwarenhersteller Masterfoods, der Schokoriegel wie „Mars“, „Snickers“ und „Milky Way“ produziert, möchte Brinkmann ein ähnliches Verfahren anstrengen. Brinkmann hatte jahrelang Schokoriegel verspeist und Cola getrunken. Ein Liter Cola enthält 120 Gramm Zucker. 1998 wurde bei dem Richter Diabetes diagnostiziert.
Aus medizinischer Sicht ist Brinkmanns Klage aussichtslos. Diabetes sei „eine Störung des Insulinhaushalts, der Zuckerkonsum hat nichts mit der Zuckerkrankheit zu tun“, sagte Hans Hauner vom deutschen Diabetes-Forschungsinstitut in Düsseldorf zur taz. Allerdings begünstige hoher Zuckerkonsum Übergewicht, und dies wiederum fördere Typ-II-Diabetes, wenn genetische Voraussetzungen vorlägen, so Hauner. Würde man deswegen aber stark zuckerhaltige Lebensmittel besonders kennzeichnen, müsse man generell auch bei fettreichen Lebensmitteln entsprechende Warnhinweise anbringen.
Brinkmann, im Hauptberuf Vizepräsident des Landgerichts Neubrandenburg, möchte mit seiner Klage auf die Verharmlosung der Süßwaren hinweisen. Coca-Cola hätte vor dem Zuckergehalt des Getränks warnen müssen, „etwa mit dem Hinweis: Nicht für dauerhaften Konsum geeignet“, meinte Brinkmann.
In den vergangenen Jahren hatten in Deutschland Kläger vom Kindertee-Hersteller Milupa Schmerzensgeld erstritten, weil Milupa nicht ausreichend auf mögliche Kariesschäden durch die zuckerhaltigen Instanttees hingewiesen hatte. Seitdem warnen die Hersteller dieser Tees mit entsprechenden Hinweisen vor Zahnschäden.
Das Verfahren gegen Coca-Cola aber halten selbst Verbraucherschützer für übertrieben. „Die Inhaltsstoffe sind doch auf den Etiketten angegeben“, meint Christoph Römer von der Verbraucherzentrale Berlin, „das kann man doch gar nicht verdrängen, dass in Cola Zucker ist.“ Die Urteilsverkündung wurde auf den 17. Dezember vertagt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen