: „Dann denkt man sich seinen Teil“
■ Prozess wegen Verleumdung eines Staatsrats durch Mopo: Ex-Leiter des Dezernats Organisierte Kriminalität sagt wenig
Es bleibt weiter bizarr: Im Prozess gegen den Mopo-Polizeireporter Thomas Hirschbiegel wegen übler Nachrede hat gestern der geschasste Leiter des Dezernats Organisierte Kriminalität (OK), Manfred Quedzuweit, den Journalisten in Schutz genommen. Obwohl es damals „keine konkreten Erkenntnisse“ über etwaige Bordellbesuche des Innenbehörden-Staatsrats Wolfgang Prill (SPD) im Funny Club am Lokstedter Steindamm gegeben habe, glaubt er, es könne doch was dran sein. „Wenn man jahrelang erfolgreich arbeitet und nach drei Wochen aus dem Urlaub kommt und versetzt ist, weil es plötzlich Misstrauen gibt, dann denkt man sich seinen Teil.“
Quedzuweit war nach eigenen Angaben im August vorigen Jahres erstmals mit den Infos aus der Mopo-Redaktion konfrontiert worden. „Ich habe sie zur Kenntnis genommen und registriert, dass ich ein Problem habe.“ Einerseits sei es nur ein Gerücht, anderseits habe er dieses, da es einen Geheimnis- und Entscheidungsträger betraf, „nicht ignorieren können“.
Recherchen und Abgleiche mit Fahndungsergebnissen des OK brachten jedoch keine Bestätigung: „Es gab keine objektiven Anhaltspunkte, dass Herr Prill im Funny Club war.“ Er habe den Staatsrat daraufhin selbst informiert und für den Panzerschrank eine Notiz geschrieben. Prill habe ihm dann unmittelbar vor seinem Urlaub am 2. September mitgeteilt, dass er Innensenator Hartmuth Wrocklage, Polizeipräsident Justus Woydt (beide SPD), dessen Stellvertreter Wolfgang Sielaff und den Chef der Dezenats Interne Emittlungen (DIE), Thorsten Mehles, über die Bezichtigungen informiert habe. Quedzuweit: „Als ich aus dem Urlaub wiederkam, war ich plötzlich versetzt.“ Ohne weitere Verwendung. Sein Nachfolger war DIE-Chef Mehles, ein Vertrauter Prills.
Zur Rolle eines vermeintlichen V-Mannes des OK verweigerte Quedzuweit mangels Aussagegenehmigung die Auskunft. Dieser V-Mann soll laut Verteidiger Gerhard Strate mit Kenntnis von Mehles einen Kellner des Funny-Club dazu bewegt haben, bei einem Notar eine Eidesstattliche Versicherung abzugeben, dass er über keine Videos von Bordellbesuchern verfügt. Dieser Kellner soll gute Kontakte zur Rotlichtmilieu-Eminenz Osmani haben.
Auch zu möglichen Funny-Club-Besuchen des Großinvestors Dieter Becken, Bauherr des neuen Polizeipräsidiums, der Prill laut Mopo häufig begleitet haben soll, sagte der Kriminalist nichts.
Mehles und der V-Mann sollen kommenden Dienstag vernommen werden. Kai von Appen
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