: Begehrliche Blicke auf die Stiftungs-Kasse
■ Vom Rathaus bis zum Bausenator – alle wollen sie das Geld der „Stiftung Wohnliche Stadt“. Horst Heise, scheidender Stiftungsvorstand, ist stinksauer über die Plünderung seiner Kasse
Wie die Geier haben sich verschiedene Senatsressorts auf die Nachricht gestürzt, in der Kasse der „Stiftung Wohnliche Stadt“ seien 15-20 Millionen Mark, die derzeit nicht ausgegeben werden könnten. Da hatten alle ihre Ideen: Der Innensenator möchte sich in seinem Dienstgebäude gern einen Aufzug bauen lassen, der Bildungssenator hat einige Schulen, deren Sanierung er aus der eigenen Kasse nicht zahlen kann.
Dann ist da das Rathaus, das aus dem Topf „Stadtreparaturfonds“ bereits Gelder für die Sanierung der Fassade bekommen hat, jetzt aber gern für dieselben Maßnahmen auch nach Geldern der Stiftung Wohnliche Stadt schielt, weil „mehr Geld“ bekanntlich noch weniger stinkt als Geld.
Soziales hätte gern Horte ausgebaut, Bäder sollen mit dem Stiftungsgeld attraktiver gemacht werden. Die Senatorin für Umwelt- und Bau hat, als die von dem Run aufs Geld hörte, der Einfachheit halber 10 Millionen Euro beantragt – „formlos“ und ohne „weitere Angaben“, wie der noch amtierende Vorstand der Stiftung, Horst Heise, irritiert und offenbar stinksauer aufschreibt.
Solche „Fehleinschätzungen“ gibt es nicht nur in Bezug auf die Summen, die zur Verfügung stehen, sondern auch auf die Art und Weise, wie locker man in die Kasse der Stiftung greifen kann. Denn Stiftungszweck ist gerade nicht die Förderung von Maßnahmen, für die eigentlich eine „öffentliche- oder privatrechtliche Verpflichtung der Stadt“ besteht. „Die Verwendung der Stiftungsmittel (darf) grundsätzlich keine Haushaltsmittel ersetzen“, wurde bei der Errichtung festgelegt. Der Teil der Spielbank-Abgabe, der in die Töpfe der Stiftung fließt, sollte eben für über das gesetzliche Minimum hinausgehende Maßnahmen verwendet werden, die die Stadt „wohnlicher“ machen.
Das bedeutet: Die Sanierung von Schulen ist Aufgabe des Senats und nach der Satzung der Stiftung aus Spielbank-Geldern „nicht förderfähig“. Auch die Hilfsbegründung des Bildungssenators, dass ja ab und an die Räumlichkeiten „für soziale und kulturelle Zwecke“ im Stadtteil geöffent werden, hilft für den Stiftungs-Vorstand Heise nicht über die Zweckbestimmung der Satzung hinweg: In diesem Falle sei nur eine „anteilige“ Förderung durch die Stiftung möglich. Wie hoch der Anteil der kulturellen Nutzung dann in Wirklichkeit ist, sei nicht nachprüfbar durch die Stiftung.
Anträge, die nicht im Detail und mit einschlägigen Hinweisen auf den Zusammenhang mit dem Stiftungszweck begründet sind, können gar nicht bearbeitet werden. Wenn Maßnahmen schon im Rahmen des Haushaltes finanziert worden sind, wäre eine Übertragung der Finanzierung auf die Stiftung ein offenkundiger Bruch der Stiftungs-Satzung. Der Förderung von Hort-Bauten aus Stiftungsmitteln stehe, so erinnert Heise das verantwortliche Senatsressort, das „Bremischen Kindergarten-Hortgesetz“ entgegen, das diese Aufgabe in Paragraf 1 Absatz 2 zur gesetzlichen Pflicht des Senats macht.
Wie streng die Satzung der Stiftung beachtet wird, ist der Hintergrund des Streits um die neue Besetzung des Stiftungsvorstandes. Der Chef der Senatskanzlei, Reinhard Hoffmann, ist dagegen, dass der derzeitige Leiter des Planungsamtes, Detlef Kniemeier, neuer Stiftungsvorstand wird, weil er die Fortsetzung der selbstbewußten Linie des derzeitigen Stiftungs-Vorstandes fürchtet.
Der CDU-Innensenator hatte den SPD-Politiker Jürgen Janke ins Gespräch gebracht, der bei ihm im Stellenplan ist, aber derzeit keine echte Aufgabe im Kulturressort wahrnimmt. Kuno Böse muss für Janke also eine Verwendung suchen. Janke, so die Spekulation, hätte nicht das Standing, sich den Begehrlichkeiten der Ressorts zu widersetzen.
In der kommenden Woche wird der Stiftungsbeirat über die vorliegenden Anträge beraten. Über die Neubesetzung des Vorstands muss der Senat auf Vorschlag des Innensenators entscheiden. K. W.
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