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Rudi rudert rückwärts

Einlenken des Verteidigungsministers ermöglicht Einigung im Airbus-Streit. Doch schon droht neuer Ärger: Die Briten beharren auf einer Aufhebung des deutschen Parlamentsvorbehalts

KARLSRUHE/BERLIN taz ■ Der Streit über die Finanzierung von 73 Airbus-Flugzeugen für die Bundeswehr ist beigelegt. Die Bundestagsfraktionen von FDP und CDU/CSU zogen am Dienstag vor dem Bundesverfassungsgericht ihre Anträge auf eine einstweilige Anordnung gegen die Bundesregierung zurück. Zuvor hatte Verteidigungsminister Rudolf Scharping vor Gericht genau die Erklärung abgegeben, die er der Opposition in der vorigen Woche im Bundestag verweigert hatte. Scharping versicherte, die Bundesregierung werde das Haushaltsrecht des Bundestages respektieren. Für die Transportmaschinen vom Typ Airbus 400 M werde die Regierung verbindliche Kaufverträge zunächst nur bis zur Obergrenze von 5,1 Milliarden Euro abschließen, wie im Haushalt 2002 festgelegt. Die noch fehlenden 3,5 Milliarden Euro für die insgesamt 8,6 Milliarden Euro teuren Airbusse soll der Bundestag erst im Haushalt 2003 förmlich bereitstellen.

In dieser schriftlichen Zusage sah Unionsfraktionschef Friedrich Merz eine „Unterwerfungserklärung“ Scharpings. Merz sprach ganz überschwänglich gleich noch von einem „großen Tag für das deutsche Parlament“. Die Rechte des Bundestages seien in vollem Umfang bestätigt worden. Scharping sprach ungerührt von so viel Freude davon, dass die Bundesregierung die Rechte des Parlaments von Anfang an beachtet habe und das auch in Zukunft tun werde.

Eine Einigung in Karlsruhe war jedoch nur möglich, weil der Verteidigungsminister nicht nur gut in Pools plantschen, sondern auch kräftig rudern kann – zurückrudern. Denn mit seiner schriftlichen Erklärung ist Scharping der zentralen Forderung der Kläger nachgekommen. Dass Scharping insgesamt nicht geschickt vorging, gab aus der Regierungskoalition jedoch nur einer zu. Der Verteidigungsminister habe „keine Ruhmestat“ begangen, sagte der grüne Haushaltsexperte Oswald Metzger. Mit Blick auf Scharpings überragendes Image fügte Metzger hinzu: „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich gänzlich ungeniert.“

Ärger hat sich die Bundesregierung mit der Einigung offenbar bei ihren Verbündeten eingehandelt. Die britische Regierung beharrte gestern auf der Aufhebung des deutschen Parlamentsvorbehalts für die Finanzierung des Airbus-Projektes. Sollte Berlin dies nicht tun, erklärte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in London, würden die europäischen Partner Deutschlands „ihre Position überdenken“. JENS KÖNIG

brennpunkt SEITE 3, meinung SEITE 11

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