: Bioboom im Supermarkt
MKS und BSE haben ökologischen Lebensmitteln im letzten Jahr einen unerwarteten Verkaufsschub gegeben. Selbst große Supermärkte bieten sie inzwischen an
BERLIN taz ■ Für den kleinen Bioladen wird es schwer, obwohl die Biobranche boomt: Im ersten Quartal des letzten Jahres, also direkt nach dem BSE-Skandal in Deutschland, verzeichneten die Händler von Biolebensmitteln ein Umsatzplus von bis zu 38 Prozent. Zwar nahm der Zulauf wieder etwas ab, als die erste Aufregung abgeflaut war. Insgesamt steigerte sich der Umsatz 2001 dennoch um 24 Prozent.
Doch es waren weniger die klassischen kleinen Bioläden, die von der gewachsenen Nachfrage profitierten, sondern vor allem der Großhandel: Er steigerte seinen Umsatz zum Teil bis zu 31 Prozent. Besonders große Supermarktketten wie Rewe, Spar und Metro, die hauptsächlich konventionelle Lebensmittel vertreiben, verkauften um 50 bis 100 Prozent mehr Biowaren.
Die großen Ketten bieten überwiegend hauseigene Marken an, so genannte Bio-Ranges, wie ProNatur, Füllhorn oder Grünes Land. Die verkaufen sich zwar gut. Trotzdem ist die Ökoauswahl im Vergleich zur gesamten Lebensmittelpalette im Supermarkt gering: Durchschnittlich 200 Bioartikel haben die großen Supermärkte im Regal. 20.000 Artikel hat etwa die Metro-Kette Real im Angebot. „Natürlich ist die Nachfrage nach Bioprodukten bei uns stark gewachsen, aber sie befindet sich grundsätzlich immer noch auf einem sehr niedrigen Niveau“, sagt Metro-Sprecher Albrecht von Truchseß. Keine drei Prozent des Gesamtumsatzes machen die Ökolebensmittel bei Metro aus.
Trotzdem gibt es keine große deutsche Supermarktkette mehr, die ganz auf ökologische Lebensmittel verzichtet. Selbst der Groß-Discounter Aldi-Süd will eine eigene Biolinie ins Programm nehmen. „Biolebensmittel sind auf Grund der Lebensmittelskandale der letzten Jahre von Exoten- über Nischen- zu Lückenprodukten geworden“, sagt auch Hagen Sunder, Gründer und inzwischen Berater der BioFach-Messe, die heute anfängt. „Ob sie allerdings den Weg in das normale Sortiment finden, wird ganz stark vom Preis abhängen.“
Und der ist bei Biolebensmitteln im Schnitt immer noch deutlich höher als bei konventionellen Produkten. „Der Einstieg der großen Händler und Produzenten wird zwangsläufig zu einer Preisbewegung führen“, prognostiziert Sunder. Zwar würden nach Umfragen 60 Prozent der Verbraucher Biolebensmittel den konventionellen vorziehen, nur mehr zahlen wollen die meisten nicht: Die Obergrenze, die die Mehrheit zu zahlen bereit ist, liegt bei zehn Prozent „Biozuschlag“. Und genau die gelte es zu erreichen, so Hagen Sunder, wenn man eine relevante Marktausdehnung wolle.
Die Großen der Lebensmittelbranche wollen den Boom der Biolebensmittel auf jeden Fall nicht verpassen, denn die Margen sind deutlich höher als bei konventionellen Lebensmitteln. „Wir beobachten natürlich unsere Bioeigenmarken“, sagt Christina Werthner von der Supermarktkette Spar, „und werden daran sehen, wie sich der Trend entwickelt.“ Insgesamt, so ihre Einschätzung, habe es im letzten Jahr einen deutlichen Umsatzzuwachs durch BSE und die Maul- und Klauenseuche (MKS) gegeben, jetzt stagniere der Trend aber auf dem erreichten niedrigen Niveau. SUSANNE AMANN
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