: „George Bush ist kein Cowboy“
Karsten D. Voigt über die Differenzen zwischen den USA und Europa in der Irak-Frage
taz: Die USA haben Irak, Iran und Nordkorea zur „Achse des Bösen“ erklärt. Außerdem hat die amerikanische Regierung ganz unverblümt erklärt, dass sie gegenüber dem Irak eine Strategie des Regimewechsels verfolgt. Beginnen die Amerikaner jetzt einen Feldzug gegen das Böse?
Karsten D. Voigt: Ich persönlich hätte den Begriff „Achse des Bösen“ nicht benutzt. Jedes dieser drei Länder ist unterschiedlich zu bewerten. Und trotzdem: Alle drei Länder stellen ein Problem dar. Sie streben nach Massenvernichtungswaffen und verletzen die Menschenrechte.
Das rechtfertigt einen Militärschlag gegen den Irak?
Das Regime im Irak ist menschenverachtend. Es hat Massenvernichtungswaffen gegen seine eigene Bevölkerung eingesetzt. Ich wäre froh, wenn es dort zu einem Wechsel des Regimes käme.
Die Frage ist doch, wie – durch politischen Druck oder mit Bomben?
Das ist in der Tat die entscheidende Frage.
Joschka Fischer sagt, man habe ihm noch keine Beweise präsentiert, dass der Terror Bin Ladens mit dem Regime im Irak zu tun hat. Haben Sie Beweise?
Nein, ich kenne auch keine Beweise dafür, dass der Irak in die Terror-Anschläge vom 11. September verwickelt war. Wenn die Amerikaner jedoch Beweise haben, kann man von ihnen erwarten, dass sie diese vor einem militärischen Einsatz im Irak vorlegen – und ich vermute, sie werden es dann auch tun. Unbestritten und bewiesen ist allerdings, dass Saddam Hussein nach Massenvernichtungswaffen strebt. Der Irak muss alle Auflagen der UNO sofort umsetzen. Dazu gehört die uneingeschränkte Zulassung der UN-Beobachter.
Lässt sich das Vorgehen der Amerikaner noch mit dem Kampf gegen den Terrorismus begründen, oder ist das nicht reine Machtpolitik?
Die US-Führung hat noch nicht über einen Militärschlag gegen den Irak entschieden, weder über die Form eines solchen Angriffs und schon gar nicht über einen Zeitpunkt. Natürlich ist bekannt, dass die meisten Europäer einem solchen Einsatz sehr kritisch gegenüberstehen. Sie sollten jedoch nicht übersehen, dass die interne amerikanische Debatte auch sehr differenziert verläuft.
„Achse des Bösen“ ist differenziert?
Jedes Stereotyp auf europäischer Seite, die Amerikaner würden hier in Cowboy-Manier wild um sich ballern, ist falsch. Der US-Präsident drückt sich zwar, wenn er mit seinem Volk über die Medien kommuniziert, sehr populistisch aus. Aber seine politischen und militärischen Stäbe analysieren kühl und gehen differenziert vor.
Unterschätzen die Europäer das Problem Irak?
Nein, ich glaube sie sehen genauso wie die Amerikaner, welche destablisierende Rolle der Irak in der Region spielt.
Aber Europa und die USA ziehen unterschiedliche Schlüsse daraus.
Die Amerikaner haben andere militärische Optionen als die Europäer. Insofern sind die unterschiedlichen Sichten, wie man das Problem Irak löst, auch Ausdruck unterschiedlicher Handlungsmöglichkeiten.
Hört Bush denn überhaupt zu, was die Europäer sagen?
Im Vorfeld der Entscheidung über einen militärischen Angriff wird die Stimme der Europäer zur Kenntnis genommen. Sie erhält umso größeres Gewicht, je deutlicher die Europäer machen, dass sie das irakische Regime genauso klar ablehnen wie die Amerikaner und dass ihre zivilen, politischen Alternativen auch wertvoll sein können. Es geht hier um einen Wettstreit unterschiedlicher Konzeptionen zu einem ähnlich oder genauso gesehenen Problem: dem Regime Saddam Husseins.
INTERVIEW: JENS KÖNIG
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