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spreequellIns kalte Wasser der Realpolitik

Nein, Häme ist nicht angebracht. Der heimliche PDS-Vorsitzende Gregor Gysi muss erstmals zeigen, was er als Wirtschaftssenator draufhat: Er soll, er will Spreequell, den einzigen Mineralbrunnen Berlins, in der Hauptstadt halten. Es geht um 75 Arbeitsplätze, nicht um eine interessante Interviewfrage in einer Talkrunde. Ob er’s bringt?

Kommentar von PHILIPP GESSLER

Klar ist: Gysi hat nicht sehr viel in der Hand – nicht mehr jedenfalls als das kleine Instrumentarium, über das auch ein FDP-, CDU- oder SPD-Wirtschaftssenator oder eine -senatorin verfügte. Er kann sich solidarisieren, appellieren, sogar ein wenig drohen. Aber das ist es dann auch schon. Gysi ist in der schnöden Realpolitik angekommen. „Der Wirtschaftssenator gibt den Standort noch nicht auf, er wird um ihn kämpfen!“, verkündet, B.Z.-erprobt, sein Sprecher. Doch hinter den markigen Worten steht nichts als ein Ausrufezeichen. Wie auch? Wirtschaft findet in der Wirtschaft statt, pflegte Fünf-Prozent-Konkurrent Günter Rexrodt zu sagen.

Immerhin ist Gysi – vielleicht mit Hilfe seines Staatssekretärs mit Erfahrung aus der Industrie- und Handelskammer – eingefallen, dass Spreequell ja noch eine Verpflichtung zu erfüllen hat, die das Unternehmen für die Subventionen aus dem Stadtsäckel eingangen ist: Bis Mai 2003 muss der Brunnen in Weißensee genutzt werden. Schon zeigt sich der Konzern Brau und Brunnen bereit, den Standortwechsel noch einmal zu prüfen. Wenn Gysi der Coup gelänge, hätte er sich seine erste Meriten verdient. Alles nur symbolische Politik? Vielleicht. Aber sehr viel mehr kann ein Wirtschaftssenator eh nicht tun.

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