piwik no script img

Naturtrip rundum sorglos

Bahn weitet Kampagne mit Umweltverbänden zum „Fahrtziel Natur“ aus. 120 Komplettangebote für Reisen in Schutzgebiete. Streit um Überstunden der Bahn

BERLIN taz ■ Keine Blechlawinen mehr auf den Parkplätzen der Naturschutzgebiete – das wünschen sich die Deutsche Bahn AG und ihre Kooperationspartner BUND, Naturschutzbund, Verkehrsclub Deutschland (VCD) und WWF. Im letzten Jahr starteten sie daher die Kampagne „Fahrtziel Natur“, die Urlaubern eine Reise in die deutschen Großschutzgebiete schmackhaft machen soll. Gestern stellte sich in Berlin mit der Region Bayerischer Wald der diesjährige Neuzugang vor, und das neue Internetangebot ging online. „Urwaldstimmungen“, „Kräuterzauber“ und Naturerlebnis für Familien finden sich im Angebot von „Fahrtziel Natur“.

Die Bahn bringt die Urlauber hin, Umweltverbände und Naturschützer vor Ort bringen den Erholungssuchenden die Natur näher. Über 120 Komplettangebote in zehn Nationalparks, Biosphärenreservaten und Naturparks hat die Bahn auf den frisch renovierten Internetseiten von „Fahrtziel Natur“ anzubieten. Wer sich lieber selber eine Route zusammenstellt, findet allgemeine Informationen zu den Schutzgebieten und diverse Ausflugstipps.

Doch wer hofft, „Fahrtziel Natur“ könnte bessere Verbindungen in die Feriengebiete vor allem im Nordosten und Nordwesten bringen, wird bisher noch enttäuscht. Letztes Jahr hat die Deutsche Bahn einige der Ziele „vom Fernverkehr weitgehend abgekoppelt“ (damalige VCD-Kritik). Die früher eingesetzten Interregios brachten Verlust, für den als Ersatz angebotenen Nahverkehr zahlen die Länder.

Die jetzt teilweise eingesetzten Busse hätten für die Reisenden Vorteile, argumentiert Peter Westenberger vom Bahn-Umwelt-Zentrum, denn schließlich sei so ein Haustürservice bis zum Hotel möglich. Und auch Verbindungen mit Umsteigen seien kein größeres Problem, wenn die Züge aufeinander abgestimmt führen. Ob das Fahrradreisende, Rentner und Familien mit Kindern auch so sehen, darf bezweifelt werden.

Die Resultate aus dem ersten Jahr scheinen Westenberger jedoch insgesamt zu bestätigen: „Die Städte und Gemeinden verzeichnen eine erheblich verstärkte Nachfrage“, berichtet DB-Sprecherin Christine Geißler-Schild, auch wenn nicht klar sei, ob alle Gäste mit der Bahn kommen. Die Fahrgastzahlen auf den bisher häufig leeren Strecken seien aber auf jeden Fall „erheblich“ gestiegen. Damit das so weitergeht, setzt VCD-Sprecher Daniel Kluge voll auf die Reisebüros von Ameropa. Die Bahn-Tochter bietet mittlerweile das komplette Programm von „Fahrtziel Natur“ an. Anders als auf den oft langsamen Internetseiten gibt es die gewünschten Informationen sofort und mit brauchbaren Karten. In der Onlineversion dagegen ist der Nationalpark Bayerischer Wald, zusammen mit dem angrenzenden Nationalpark Šumava immerhin das größte Waldschutzgebiet Mitteleuropas, etwas größer als eine Stecknadel.

Bei der Bahn selbst gibt es wieder Streit um den Personalabbau. Gestern erklärte die Gewerkschaft Transnet, man wolle sich mit den vielen Überstunden nicht länger abfinden. Fast 14 Millionen Überstunden müssten abgewickelt werden, sagte Transnet-Chef Norbert Hansen. Rein rechnerisch entspreche das rund 7.000 Arbeitsplätzen. Besonders betroffen von der Mehrarbeit seien Lokführer und Zugbegleiter. Die Deutsche Bahn AG wies die Vorwürfe zurück. Ein Unternehmenssprecher sagte, man habe selbst nur 8,9 Millionen Überstunden errechnet. Das seien für jeden betroffenen Arbeitnehmer rund 40 Überstunden. Die Bahn liege damit unter dem Durchschnitt der gewerblichen Wirtschaft, wo jeder Arbeitnehmer im vergangenen Jahr fast 50 bezahlte Überstunden geleistet habe. MATTHIAS SPITTMANN

www.fahrtziel-natur.de

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen