: Wirre Informationen durch Unternehmen
Verbraucherverband testet inkognito die Auskunftspraxis. SPD-Länder wollen Informationsgesetz verschärfen und Firmen zur Auskunft verpflichten
BERLIN taz ■ Wer als Verbraucher genauer nachfragt, wird zunächst desinformiert, verwirrt, verschaukelt. Der Bundesverband der Verbaucherzentralen (VZBV) hat mittels einer eigenen Umfrage einige besonders schöne Beispiele zusammengetragen, wie es Konsumenten ergeht, die von den Herstellern nähere Angaben zum Produkt erbitten.
Anfrage beim Jeans-Hersteller Diesel: „Ist Nickel in den Hosenknöpfen, was zu allergischen Reaktionen führen kann?“ Das Spektrum der Antworten reichte – je nach Gesprächspartner im Unternehmen – von „Ja, seien Sie vorsichtig“ bis zu „Nein, völlig unbedenklich“. Bei etwa der Hälfte der 150 getesteten Firmen war es ähnlich: Die vermeintliche Verbraucherin – tatsächlich eine Mitarbeiterin der Verbraucherzentralen – erhielt unzulängliche, widersprüchliche und auch schlicht falsche Informationen.
„Die Verbraucher werden nicht ernst genommen“, fasste VZBV-Vorstand Edda Müller zusammen. Durch eine fragwürdige Informationspolitik taten sich Lebensmittelhersteller wie Herta und Zimbo ebenso hervor wie die Dresdner Bank oder DaimlerChrysler.
Diese Erkenntnis ist das eine, den Missstand abzustellen das andere. Doch daran hapert es. Wenn morgen die rot-grüne Mehrheit des Bundestages das Verbraucherinformationsgesetz in erster Lesung verabschiedet, fehlt darin die Verpflichtung für Unternehmen, vernünftig Auskunft zu erteilen.
Ursprünglich hatten die Experten von Bundesverbraucherministerin Renate Künast (Grüne) den Gesetzentwurf breiter angelegt: Auch Unternehmen sollten auskunftspflichtig sein gegenüber den Konsumenten – und zwar nicht nur bei Lebensmitteln und Bedarfsartikeln, wie der aktuelle Text sagt, sondern ebenso bei Dienstleistungen wie Finanzberatung. Mit erfolgtreichem Lobbying unter anderem im Wirtschaftsministerium haben jedoch die Vertreter der Industrie durchgesetzt, dass die fraglichen Passagen gestrichen werden.
Doch während Renate Künast klein beigeben musste, versuchen nun die Landesregierungen von Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, ihr Gesetz zu retten. Gerade das rot-grün regierte NRW hat in den Bundesrat einen eigenen Entwurf eingebracht, der die Auskunftspflicht für Firmen beinhaltet. Der Bundestag hat nicht das letzte Wort, das Tauziehen geht in die nächste Runde. HANNES KOCH
Hintergrund: www.verbraucherministerium.de. Website des vzbv immer noch im Aufbau
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