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Kirche kündigt Homo - Paaren

Die katholischen Bischöfe wollen die Mitarbeiter entlassen, die eine Homoehe eingehen. Beschluss der Bischofskonferenz: Eingetragene Partnerschaft ist „schwerwiegender Loyalitätsverstoß“. Lesben- und Schwulenverband protestiert

BERLIN taz ■ Sie fühlt sich offenbar als eigene Macht im Staat – und von ihm unabhängig: Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) hat in ihren Amtsblättern mitteilen lassen, dass homosexuellen Mitarbeitern in ihren Einrichtungen zu kündigen sei, wenn sie sich verpartnern. Der Beschluss wurde bereits am 24. Juni gefasst – doch erst veröffentlicht, nachdem das Bundesverfassungsgericht Ende Juli die von der rot-grünen Koalition durchgesetzte Homoehe für grundgesetzkonform erklärt hatte.

Alle Gremien der römischen Kirche haben bis zum Karlsruher Spruch versucht, das nahende Gesetz zu verhindern – dem SPD-Parteivorstand wurde sogargedroht, offensiv Wahlkampf gegen die Sozialdemokratie zu machen, wenn sie dieser Reform weiterhin ihre Unterstützung gebe. Nun sollen die Folgen des Reformwerks mindestens innerhalb der eigenen Reihen sabotiert werden. In dem Beschluss heißt es wörtlich, dass das Gesetz „der Auffassung über Ehe und Familie, wie sie die katholische Kirche lehrt“, widerspreche. Eine „Eingetragene Partnerschaft“ sei darum „ein schwerwiegender Loyalitätsverstoß“.

Homosexualität an sich sei zwar kein Grund, das Dienstverhältnis aufzuheben, aber eben die Verpartnerung – die, ehe die Kündigung ausgesprochen wird, zunächst verhindert werden solle. Eine Diskriminierung, so teilte gestern die DBK mit, sei dies nicht, „die Kirche habe ein Selbstbestimmungsrecht“.

Betroffen sind von diesem Verdikt nicht nur Priester und Nonnen, also Mitglieder des Klerus, sondern alle Angestellten in Sozialeinrichtungen (Krankenhäusern, Pflegestellen, Kindergärten, Schulen und deren Verwaltungen), die von der katholischen Kirche unterhalten werden. Allein die Caritas beschäftigt 480.000 Menschen in Vollzeitarbeit. Viele dieser Einrichtungen sind in ihren Regionen Monopolisten auf ihrem (Geschäfts-)Gebiet.

Die katholische Kirche beruft sich in ihrer Entscheidung auch auf das Betriebsverfassungsgesetz. Es billigt weltanschaulich oder politisch geprägten Betrieben einen Tendenzschutz zu, der sie davor schützt, Mitarbeiter beschäftigen zu müssen, die ihrer Moral widersprechen. Aber diese Bestimmungen sollten gelten, um ebenjene Weltanschauungen zu schützen – die katholische Kirche hingegen erweitert ihn über die Geltung im engeren theologischen in den weltlichen Bereich hinaus.

Der Spruch des deutschen Klerus kommt nicht überraschend. Voriges Jahr kommentierte der Kölner Erzbischof Joachim Meisner den Terroranschlag vom 11. September mit einem Satz, der für das fundamentalkatholische Milieu in Deutschland repräsentativ sein dürfte: „Wenn Frauen nackt abgebildet, wenn Kinder abgetrieben, wenn Homosexuelle getraut werden, dann bedeutet das in den Augen vieler Muslime: Das sind doch keine Menschen mehr, sondern Tiere.“

Der Lesben- und Schwulenverband Deutschlands protestierte gegen das Dekret vehement. Sein Sprecher Manfred Bruns bezeichnete die Behauptung des Klerus, der Beschluss sei keine Diskriminierung, als „leeres Geschwätz“. Von den politischen Parteien liegen keine Stellungnahmen vor – womöglich hält man sich aus Angst vor dem Wahltermin mit Kritik zurück.

AXEL KRÄMER/JAN FEDDERSEN

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