: Gerster: Jedenfalls bleibt’s beim Doppel-A
Chef aller Arbeitsämter präsentiert Modernisierungspläne: neuer Name, keine Beamten mehr, weniger Staat
BERLIN taz ■ Zwei Jahre wird der Umbau der Arbeitsämter dauern. Damit rechnete gestern ihr oberster Chef, Florian Gerster.
Doch vor übertriebenem Optimismus warnte er: Er sei „beeindruckt von dem ehrgeizigen Ziel, die Arbeitslosigkeit nennenswert abzubauen“. Aber, das müsse er so „deutlich sagen“: Seine Behörde könne keine Beschäftigung schaffen – sondern nur zügiger vermitteln. Gerster forderte den Gesetzgeber auf, den Faktor Arbeit stärker zu entlasten.
Aber auch an seine 93.000 Mitarbeiter hatte Gerster eine Forderung: Sie sollten „die Phase der Selbstbeschäftigung und Selbstzweifel“ hinter sich lassen. Eine neue Form der inneren Führung will dies unterstützen. Die Mitarbeiter sollen „weniger gegängelt“ werden; statt interner Dienstanweisungen gibt es demnächst Zielvereinbarungen. Nicht mehr der Weg wird vorgeschrieben, sondern nur noch das Ergebnis. Das ist eigentlich nicht neu. Es sind die Grundsätze einer jeden Verwaltungsmodernisierung; jetzt werden sie auch auf die Bundesanstalt für Arbeit angewandt.
Ihre Chefs erhoffen sich davon solche Effizienzpotenziale, dass sich das Personal umfangreich umschichten lässt. Motto: Raus aus der Verwaltung, ran an den Markt. Häufiger als bisher will man die Unternehmen besuchen und Stellen akquirieren, will die Arbeitslosen besser betreuen und mit anderen Ämtern stärker kooperieren.
Bis Mitte 2003 soll jedes Arbeitsamt ein „Job-Center“ haben, das die Arbeitslosen sowohl über die Unterstützungsleistungen wie über mögliche Jobs berät. Genauso schnell sollen die Zeitarbeitsfirmen namens „Personal-Service-Agenturen“ entstehen.
Auch die „größte und beste Jobbörse im Internet“ ist geplant. Unter www.arbeitsamt.de soll jeder Nutzer bundesweit auf alle Stellenangebote zugreifen können. Allerdings musste Vorstandsmitglied Frank Jürgen Weise zugeben, dass es bei der Finanzierung hapert. So habe die Deutsche Bank fast genauso viele Beschäftigte wie die Bundesanstalt für Arbeit – doch ihr IT-Etat sei fünfmal so hoch.
Dennoch will Gerster keine Anschubfinanzierung für die Reformen beantragen. Zunächst will er die „eigenen Ressourcen“ überprüfen – so zum Beispiel die etwa 800 Immobilien der Bundesanstalt für Arbeit –, „ehe wir die Hand aufhalten“.
Für alle diese Aufgaben braucht man Mitarbeiter – aber keine Beamten. Schon in diesem Jahr würden keine „Verwaltungsinspektorenanwärter“ mehr aufgenommen, so Gerster. Die hauseigene Fachhochschule wird für Amtsfremde geöffnet. Überhaupt soll es mehr „Quereinsteiger“ und mehr Mitarbeiter „mit Berufspraxis“ geben. Besonders das Führungspersonal würde man gern „von außen“ besetzen.
„Weniger Obrigkeitsstaat“: dieses Ziel soll sich auch im Namen ausdrücken. „Bundesagentur für Arbeit“ werden die neue Ämter heißen. So wollen es auch die Mitarbeiter, wie Gerster betonte; sie hätten sich „basisdemokratisch“ an einem „regen Intranetverkehr“ zur Namensfrage beteiligt.
Außerdem „kann es beim Doppel-A bleiben, an das sich so viele gewöhnt haben“, freute sich der Chef. ULRIKE HERRMANN
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