: Odyssee ohne Ende
Bambule: Schill demonstrierte gestern wieder Härte und ließ Bauis in Harburg in Gewahrsam nehmen. Zukunft der Bambule-Leute noch völlig offen. PlatzbewohnerInnen begründen Ablehnung des Wohnungsprojekts in Bahrenfeld
Innensenator Ronald Schill weicht nicht von seinem harten Kurs in Sachen Bauwagenplätze ab. So ließ er gestern wieder massiv Polizei gegen die BewohnerInnen des geräumten Platzes Bambule im Karoviertel aufmarschieren. Die Bauis waren entgegen ihren ursprünglichen Plänen nicht in das niedersächsische Dorf Finteln bei Rotenburg/Wümme aufgebrochen, sondern waren aufgrund der fortgeschrittenen Zeit am späten Montagabend an ihrem Ausweichquartier bei der leer stehenden Harburger Hundehalle geblieben. Gestern Morgen wurden ihre 22 Wohn-Lkws in einem Großeinsatz von der Polizei beschlagnahmt. 28 BewohnerInnen sind festgenommen worden, inzwischen aber wieder auf freiem Fuß. Ihre Wagenunterkünfte sollen nun laut Schill möglicherweise „konfisziert“ werden, auch um die Kosten für die Herrichtung des Bambule-Areals an der Vorwerkstraße zu decken. „Damit ist erneut ein rechtsfreier Raum beseitigt worden“, prahlt Schill, „den der Vorgängersenat geschaffen hat.“
Schill bedauert lediglich, dass der Einsatz der 1400 PolizistInnen und die darauf folgende Odyssee der Bambule durch die Stadt am Montag den Verkehrsfluss dermaßen beeinträchtigt habe. Es sei aber nicht im Interesse des Senats gewesen, gegen Bambule bereits am Wochenende vorzugehen, „da die Rechtsbrecher dann noch mehr Zulauf von Gewalttätern bekommen hätten als an einem Montag“. So sei es zu keinerlei „Plünderungen und Bränden“ gekommen, lediglich bei einer Demo mit 800 TeilnehmerInnen im Schanzenviertel kam es in der Nacht zu gestern zu leichten Auseinandersetzungen.
Mit den „Rechtsbrechern“ des Bambule-Platzes hatte sich Innenstaatsrat Walter Wellinghausen noch am Sonntag zur Besichtigung eines Hauses am Holstenkamp in Bahrenfeld getroffen. Den Bauis war das Gebäude offiziell als mögliches Wohnprojekt angeboten worden. „Dieses Angebot gilt nicht mehr“, sagt Wellinghausen nun klipp und klar, nachdem die Bambule die Offerte wegen des Zeitdrucks zur Entscheidung abgelehnt hatte. „Ich renne doch nicht eine Gruppe hinterher“, trotzt Wellinghausen.
Gegenüber der taz hamburg haben die Bambule-Leute gestern die Gründe für ihre Ablehnung genannt. Es habe sich nicht um die Zusage eines Wohnprojekts gehandelt, sondern es war vom Senat lediglich als Übergangslösung oder Notunterkunft bis zum Mai gedacht. „Für eine Entscheidung hatten wir mal gerade zwei Stunden“, sagt ein Sprecher: „Wir sollten unseren Platz aufgegeben und unsere Wägen. Eine schriftliche Zusage für ein Wohnprojekt nach dem Mai ist uns aber verwehrt worden.“ Eine kurzfristige Einwilligung erschien Bambule unter diesen Umständen nicht möglich. „Das Gebäude besteht aus 14 Quadratmeter großen Krankenzimmern“, sagt eine Bambule-Frau weiter, „wenn wir die hätten längerfristig umbauen dürfen, wäre alles okay gewesen.“
Und so nahm stattdessen das polizeiliche Szenario seinen Lauf. „Die Veranwortung ist auf die Polizei abgeschoben worden“, kritisieren die GAL-Angeordnen Christa Goetsch und Antje Möller. „Das ist das Ende von Verantwortungsnahme von Politik in dieser Stadt“, werfen beide Bürgermeister Ole von Beust vor.
Tatsächlich scheint die die Polizei überfordert, wie die Ereignisse belegen: Denn zur Harburger Hundehalle sind die Bambule-Leute am Montagabend nur deshalb gefahren, weil sie trotz anderslautender Zusicherung der Polizei von einem Autohof in Hammerbrook vertrieben worden waren. Obwohl der Park- und Rastplatz der Shell-Tankstelle am Ausschläger Weg TruckfahrerInnen als Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung steht, wurde den Bauis eine Übernachtung in den Wagen von der Polizei nicht gestattet. KAI VON APPEN
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