piwik no script img

Schwarz, nicht Schwartz

Republikaner mal als Underdogs: In Washington verlor Carol Schwartz den Kampf um das Bürgermeisteramt gegen einen schwarzen demokratischen Snob

WASHINGTON taz ■ Das soll eine Wahlparty der reichen weißen Männer sein? So feiert die Partei des Big Business? Im Holiday Inn hinter dem Kapitolshügel präsentiert sich die republikanische Partei wie eine Nachbarschaftsinitiative unterprivilegierter Afroamerikaner.

Die Republikaner feiern eine sichere Niederlage. Die Zeit ist einfach noch nicht reif für eine weiße republikanische Frau als Bürgermeisterin von Washington, D. C. Doch die 58-jährige Carol Schwartz, Stadträtin und Herausforderin des Bürgermeisters Anthony Williams, hat gezeigt, dass sich die Demokraten der schwarzen Stimmen längst nicht mehr sicher sein können.

Um die hundert Menschen warten auf ihre Kandidatin und auf die Wahlergebnisse. Gelbe Luftballons schweben über Tischen mit Konfetti und Kuchen. In der Mitte des Raumes tanzen zwei schwarze Frauen zu James Browns „Living in America“. Die Szene erinnert an einen deutschen Kleinstadtkarneval.

Hier bei den Republikanern sind die Underdogs, die kleinen Leute aus den schwarzen und Latino-Vierteln der Stadt, versammelt. Manche kommen vielleicht direkt von einer Suppenküche. Kein Wachpersonal hält sie auf. Die Frauen tragen kein Make-up oder aufwendige Frisuren. Die Veranstaltung ist eine Antishow, der Gegenentwurf zum übrigen Wahlhype.

Gegen neun Uhr kommt Aufregung in die Menge, als eine kleine energische Frau mit kurzen schwarzen Haaren erscheint: Carol Schwartz, die Kandidatin. Sie schüttelt Hände, wird umarmt, geht zum Mikrofon, gesteht ihre Niederlage ein. Auch dabei verschwindet ihr breites, warmes Lachen nicht. Es war ihr vierter und nunmehr letzter Versuch, das Bürgermeisteramt zu erkämpfen. Doch Schwartz wirkt nicht resigniert. „Die Nacht ist jung, das Wetter miserabel, also lasst uns feiern“, ruft sie vom Rednerpult. Sie wäre eine Frischzellenkur für die Stadt gewesen, die nun noch einmal vier Jahre von jenem Mann regiert wird, der in den Augen vieler den wirklichen Problemen der Stadt längst entrückt ist. Aber er ist Demokrat und schwarz.

Die Bürger von Washington werden so einen nicht abwählen. Die Stadt ist eine Hochburg der Demokraten. 63 Prozent der Bevölkerung sind „African-American“. Zwar hat Anthony Williams die Olympiabewerbung der Stadt für 2012 vergeigt, kaum etwas für das Bildungssystem und die Schwarzengettos getan. Auch sonst steht er nicht gerade im Ruf, ein begnadeter und visionärer Stadtmanager zu sein. Es heißt, er sei ein Snob. Dazu passt, wie er feiert: Unter einem Hotel-Glasdach am anderen Ende der Stadt sonnt sich der Sieger im Blitzlichtgewitter. Um ihn scharen sich die Vertreter der wohlhabenden weißen und schwarzen Mittelschicht und schlürfen Sekt. Türsteher von der Gewerkschaft passen auf, dass die rund 400 Gäste ungestört feiern können. Hier ist das Establishment zu Hause. MICHAEL STRECK

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen